"Wer flüchtet, bleibt nicht in Garsten"

Sechs Stunden lang dauerte am Donnerstag die Großrazzia in der Justizanstalt Garsten, bei der in Hafträumen und der Gefängniswerkstatt nach Hinweisen zu Drahtziehern und versteckten Waffen gesucht wurde
Nach dem verratenen Ausbruchsplan mit Geiselnahme scheint die Bevölkerung im Ort nicht beunruhigt.

Von dem spektakulären Großeinsatz am Vortag ist am Freitag in Garsten nichts zu merken. Wie berichtet, gab es im Gefängnis wegen eines möglichen Ausbruchsversuchs mit Geiselnahme eine Razzia.

Alles scheint den gewohnten Lauf zu nehmen: Lieferanten stellen eilfertig Waren zu, Eltern spazieren mit Kleinkindern in der Sonne und vor der Bäckerei plaudern Pensionisten über ruhmreiche Vereinsaktivitäten. Die Probleme in der Justizanstalt sind kein Thema. Darauf angesprochen, erntet man Kopfschütteln. "Es ist ja nichts passiert", lautet der Tenor.

"Ich bin hier aufgewachsen, so etwas beunruhigt mich nicht", sagt die 72-jährige Renate Eibenberger, die mit ihrem Fahrrad vom Einkaufen kommt. Das Gefängnis gehöre hier genauso zum Ort wie die Kirche oder der Friedhof. "Leider kennt man in Rest-Österreich meist nur die Strafanstalt und weiß nicht, dass wir eine der schönsten Barockkirchen haben", sagt Erwin Wimmer, der mit Walkingstöcken unterwegs ist. Der 66-Jährige arbeitete 40 Jahre lang in der Nachbarschaft des Gefängnisses und weiß: "Es passiert relativ wenig." Auch im Fall eines Ausbruchs brauche sich in Garsten niemand fürchten. "Wer flüchtet, sucht schnell das Weite und bleibt sicher nicht hier bei uns."

Josef M., 68, der vier Jahrzehnte Aufseher in der Justizanstalt war, erzählt, dass es auch während seiner Dienstzeit Ausbrüche gegeben habe. "Das ist der Drang, der in jedem Menschen drinsteckt – wer will schon eingesperrt sein?" Gefürchtet habe er sich nie, als unberechenbar hat er aber ost- und südosteuropäische Bandenmitglieder in Erinnerung: "Seit neun Jahren genieße ich den Ruhestand."

Übung

Johann Lehofer, 70, war von 1991 bis 1999 in Garsten Gefängnisseelsorger. "Meine Frau hat gestern geglaubt, dass das eine Übung ist", erzählt er lachend. Er gibt zu bedenken, dass bei ausgeklügelten Fluchtversuchen meist kriminelle Hinterleute auf die Entkommen warten. "Das hat dann mit Verzweiflungstaten nichts zu tun."

Wer bei dem am Donnerstag nach einem anonymen Hinweis vereitelten Fluchtplan die Drahtzieher waren, ist unklar. "Wir haben bei der Durchsuchung der Hafträume Hieb- und Stichwaffen sowie USB-Sticks sichergestellt, die Auswertung läuft aber noch", erklärt Justiz-General Josef Schmoll. Die Einvernahmen brachten bisher ebenfalls wenig: "Es war auch nicht zu erwarten, dass sich jemand dafür verantwortlich erklärt."

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