Wer braucht schon Stress?

Wie schaffe ich das, fragen sich manche im Job und in der Familie
Strategien. In Zielen statt in Aufgaben denken, bewusste statt unbewusste Strategien, Selbstbestimmtheit

Jeder, der sagt, er hat Stress, nimmt sich selbst zu wichtig. Ich war beruflich sehr unter Druck, hatte jedoch niemals Stress. Hätte ich ihn gehabt, wäre ich zu meinem Chef mit der Bitte um Entlastung gegangen.

Jeder Stress ist hausgemacht. Sie brauchen keinen Stressmanager und kein Seminar zur Stressbewältigung. Larry Winget fragt in seinem Buch Halt den Mund, hör auf zu heulen und lebe endlich sehr treffend: Wer braucht schon Stress? Stress rührt daher, dass man weiß, was richtig ist, aber das Falsche tut. Sie werden vermutlich schon ziemlich lange gewusst haben, was Sie tun sollten, Sie haben es aber einfach nicht getan. Das Problem ist, dass Sie entweder nichts oder das Falsche tun. Das löst Stress aus.

KISS-Methode

Es gibt ein sehr probates Mittel, die Art und Weise zu verbessern, wie wir arbeiten. Sie heißt KISS-Methode: Keep It Short and Simple. Wenn etwas kompliziert erscheint, überprüfen Sie, ob es nicht einen einfacheren Weg gibt. Den gibt es in fast allen Fällen. Das Gefühl, nie fertig zu werden, gegen Termindruck anzuarbeiten, sich dauernd zu zerfleddern und überfordert zu fühlen, sind ernst zu nehmende Vorzeichen für Burn-out-Phänomene.

Was können Sie tun?

Sie sollten in Zielen statt in Aufgaben denken. Selbstführung verlangt die Fähigkeit, eine Auswahl zu treffen oder, anders formuliert, Prioritäten zu setzen. Prioritäten sind nichts anderes als Entscheidungen, welchem Ziel Sie Ihre Energie und Zeit widmen möchten. Setzen Sie sich maximal drei realistische Ziele in einem realistischen Zeithorizont.

Nein sagen

Dann legen Sie die Art und Weise fest, wie Sie diese Ziele erreichen wollen, mit weniger Aufwand als bisher. Setzen Sie sich zum Ziel, auch einmal Nein zu sagen, wenn Sie glauben, es ist nicht wichtig oder es verursacht unnötigen Druck. Wenn Sie etwas zu erledigen haben, dann stellen Sie sich vorher drei Fragen: Was muss erledigt werden? Was sollte erledigt werden? Was könnte erledigt werden?

Bewusstheit

Setzen Sie auf Bewusstheit statt auf unbewusste Strategien! Wer sich selbst führen will, muss sich gut kennen. Welche persönlichen Stärken bringen Sie mit, um Ihre Ziele zu erreichen? Wie hindern Sie sich daran, Ihre Ziele zu erreichen? Machen Sie sich klar, was Ihre Fähigkeiten und Stärken sind, um Ihren Zielen näherzukommen. Untersuchen Sie Ihre Boykottstrategien und verändern Sie sie.

Innere Hindernisse

Natürlich kennen wir auch die Kehrseite der Medaille. Wir boykottieren uns selbst. Hier nur einige der „Best-ofs“ der inneren Hindernisse als Anregung, um sich auf die Schliche kommen: zu viele Ziele, unrealistische Planung, sich nicht entscheiden können, „Aufschieberitis“, zu wenig Ausdauer, nicht Nein sagen können, im Alleingang voranpreschen ohne Mitstreiter zu beteiligen, Denkfaulheit, Perfektionismus und vieles andere Menschliche. Manche werden einwenden, das klingt ja alles ganz schön, aber ich arbeite nicht in einem selbstbestimmten Umfeld. Mein Chef definiert die Ziele, das Organisationshandbuch definiert ineffiziente Abläufe. Wenn wir im Selbstmanagement über die Idee der Regieführung für das eigene Leben reden, gehen wir nicht von der Vorstellung völliger Autonomie aus.

Steuerung

Selbstführung bedeutet nicht 100 Prozent Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung. Es geht darum, sich selbst in die Position eines Verhandlungsführers zu setzen, der zwischen Anforderungen von außen und inneren Zielsetzungen intelligent und aktiv aussteuert. Erst wenn Sie sich selbst als Gestalter der Rahmenbedingungen definieren, werden Sie erleben, wie sich Ihre Tage verändern.

Klärung

Sie brauchen Kommunikationsstärke und Entschlossenheit, um mit Vorgesetzten, KollegInnen, MitarbeiterInnen, Familienmitgliedern zu klären, wofür Sie wann und wie Verantwortung übernehmen und wofür und wann und wie nicht. Sie werden lernen, Nein zu sagen zu Projekten, die Sie überfordern und die Sie von Ihren Zielen abbringen. Sie werden sich nach und nach Arbeitsbedingungen schaffen, die es Ihnen erlauben, Ihre persönliche Bestform zum Tragen zu bringen.

Alois Zangerle ist Unternehmensberater und akademischer Exportkaufmann. www.alois-zangerle.at, office@alois-zangerle.at

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