Wenn das Sparschwein aus dem letzten Loch pfeift
Das Geld sitzt derzeit bei den wenigsten locker. Eher im Gegenteil. Bei vielen Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern ist das Haushaltsbudget aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit, ausgelöst durch die Coronapandemie, äußerst knapp. Wer jetzt nicht seine Finanzen im Blick hat und nach entsprechenden Lösungen sucht, bekommt die Rechnung präsentiert. Vielleicht nicht sofort, aber nach ein, zwei, drei Jahren, dann aber umso bitterer.
Ohne Selbstbetrug
„Es geht darum, dass sich alle im Haushalt lebenden Personen an einen Tisch setzen und dass dann ehrlich und ohne Selbstbetrug eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellt wird“, weiß Thomas Berghuber, Leiter der Schuldnerberatung OÖ. Dann erst sehe man, wie viel denn pro Monat auf ein ausgeglichenes Budget fehle. Ein Tipp des Profis: „Dabei sollte man auch Ausgaben einrechnen, die nicht monatlich, sondern viertel- oder halbjährlich anfallen.“
Wenn diese Liste vollständig ist, könne man sich gemeinsam überlegen: Wo tut es mir oder uns denn am wenigsten weh, einzusparen? „Das kann natürlich bei jedem Menschen, jeder Familie ein anderer Bereich sind. Die einen verzichten aufs zweite Auto, andere auf diverse Vereinsmitgliedschaften, wieder andere wechseln den Gas- oder Stromanbieter oder kaufen Dinge gebraucht.“ Die banale Grundregel in Zeiten wie diesen laute: Jede Anschaffung, die nicht sein muss, lassen.
Und wer dann schon dabei ist beim Sparen, kann auch gleich dranbleiben: „Es ist immer sinnvoll, ein bisschen im Haben zu sein. Wir empfehlen, mindestens drei Monatsausgaben auf der Seite zu haben. Einfach für Dinge, die man nicht planen kann, wie eine kaputte Waschmaschine oder die Autoreparatur“, rät Berghuber.
Probleme verschoben
Bei der Schuldnerberatung OÖ rechnet man ab der zweiten Hälfte des Jahres mit einem starken Anstieg an Anfragen, „nämlich dann, wenn die Stundungen diverser Kredite enden. Sprich, die finanziellen Probleme der Menschen werden durch Kreditstundungen nicht kleiner, sie werden nur verschoben.“
Jenen, die sich bereits in Privatkonkurs befinden und jetzt veränderte finanzielle Verhältnisse haben, rät der Experte dazu, sich dringend zu melden: „Wer seine Gläubiger über die verminderte Zahlungsmöglichkeit informiert, kann eher mit einem Entgegenkommen rechnen, als jemand der sich weder rührt noch zahlt.“
Doppelte Schulden
Wer eine Stundung seines Kredits in Anspruch genommen habe, der habe hoffentlich verhandelt, dass die gestundeten Raten einfach hinten als verlängerte Laufzeit drangehängt werden.
„Andernfalls wird es heftig. Dann kann nämlich der Kreditgeber mit Ende der Stundung alle Raten auf ein Mal fällig stellen. Das kann sich natürlich niemand leisten. Dann kommen Klagen und Verzugszinsen dazu. Und plötzlich kann es sein, dass sich der Schuldenstand in drei, vier Jahren verdoppelt hat“, weiß Berghuber aus Erfahrung.
Dieses Szenario könnte viel, viel mehr Leute betreffen als noch in den vergangenen Jahren, meint der Leiter der Schuldnerhilfe: „Wir rüsten uns für einen Ansturm an Betroffenen.“
"Der erste Schritt ist immer der schwierigste"
Haushaltsbuch. Online oder handgeschrieben – beides ist möglich, wenn es um das gute, alte Haushaltsbuch geht. Die Art und Weise, wie es geführt wird, ist nicht entscheidend. Es geht nur darum, dass es geführt wird.
„Der erste Schritt ist immer der schwierigste. Das ist ja in vielen Bereichen des Lebens so, in denen man etwas zum Guten verändern will“, sagt Thomas Berghuber von der Schuldnerberatung OÖ.
Das Haushaltsbuch sei aber so wichtig, um die eigenen Ausgaben im Blick zu haben. „Wir empfehlen, es wirklich mal zwei, drei Monate lang durchzuziehen. Einfach jeden Tag eintragen, was man wofür ausgegeben hat. Da geht es um wenige Minuten, die man pro Tag investieren muss.“ Und es müssen natürlich alle mitmachen, die im betroffenen Haushalt Geld ausgeben.
Auf der Homepage der Schuldnerberatung OÖ (ooe.schuldnerberatung.at) kann das Haushaltsbuch entweder ausgedruckt oder gleich direkt ausgefüllt werden. An Privatpersonen in Österreich wird das Haushaltsbuch auch kostenfrei versandt.
Wertfreie und kostenlose Beratung
Anlaufstellen. In Oberösterreich gibt es zwei offizielle Stellen, die kostenfreie Schuldnerberatung anbieten – die Schuldnerberatung OÖ (Tel.: 0732/77 55 11 oder auf ooe.schuldnerberatung.at) und die Schuldnerhilfe OÖ (Infos: www.schuldner-hilfe.at, 0732/77 77 34, ).
Mit Ausnahme von Linz, wo beide Vereine tätig sind, decken die beiden Institutionen unterschiedliche Regionen in der Schuldnerberatung ab. In Oberösterreich gibt es neun Beratungsstellen und sieben regelmäßige Sprechtage. Sei es die Hilfe bei der Erstellung eines Haushaltsbudgets, Fragen bei Jobverlust und damit drohendem Abrutschen in Schulden, sei es eine finanzielle Zukunftsplanung oder sei es vielleicht sogar bei der Begleitung eines Privatkonkurses – die Expertinnen und Experten der Beratungsstellen informieren wertfrei, das Angebot ist kostenlos.
Auf den Homepages der beiden Institutionen finden sich Broschüren, Infomaterial und wichtige Tipps, auch zum Herunterladen oder bestellen.
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