Händeschütteln bis zum Umfallen
Jetzt geben wir noch einmal richtig Gas“, lautet der enthusiastische Tenor bei den SPÖ-Funktionären in Oberösterreich, die am Freitag fleißig Jausensackerl und Flyer für „ihren Werner“ verteilten. Schließlich soll er Kanzler bleiben, heißt es. Spitzenkandidat Werner Faymann, der in den vergangenen drei Tagen durch neun Bundesländer gepilgert ist, meint bescheiden: „Ich habe mich sehr bemüht und hoffe, es ist mir gelungen.“ Gelungen, Unentschlossene ans rote Ufer zu locken, Wähler zu mobilisieren, Stimmung zu machen.
Auch die ÖVP gibt im Wahlkampf-Finish noch einmal alles. Unter dem Motto „Fünfzig Stunden voller Einsatz für die ÖVP und Michael Spindelegger“ soll jede Gemeinde- und Bezirkspartei sowie jeder Kandidat und jede ÖVP-Teilorganisation bis zum Öffnen der Wahllokale noch mindestens eine Wahlkampfaktion durchführen. eMails, Facebook-Aufrufe und Besuche in der Nachbarschaft sollen „Spindi“ im Rennen um den ersten Platz Flügel verleihen.
Oberösterreich spielt bei der Nationalratswahl aufgrund hohen Einwohnerzahl neben Niederösterreich und Wien eine entscheidende Rolle. Entsprechend intensiv haben die Parteien das Land ob der Enns im Wahlkampf beackert. Es heißt, wer in Oberösterreich gewinnt, hat auch im Bund die Nase vorn. Insgesamt sind rund 1,1 Millionen Einwohner wahlberechtigt.
Bei der Nationalratswahl 2008 erreichte die SPÖ 30,5 Prozent der Stimmen, die ÖVP 26,7.
„Keine Angst, Herr Bundeskanzler, Sie sind nicht in Gefahr.“ Käme dieser Satz aus dem Mund einer Wahrsagerin, könnte sich Werner Faymann zurücklehnen und den Sonntag abwarten.
Da der Kanzler aber nicht abergläubisch, dafür erstaunlich volksnah ist, stammt der freundliche Hinweis vom Werkstättenleiter der Firma Kremsmüller in Steinhaus bei Wels (OÖ), dem Faymann am Freitag einen Besuch abstattete. Ein paar Stunden habe er ja noch, sagt er, „schließlich entscheiden nicht die Umfragen, sondern die Stimmen am Wahltag“.
Der Industrieanlagenbauer war am Freitag eine Station auf seiner Abschlusstour durch Österreich – neun Bundesländer in drei Tagen. „Es bringt nichts, wenn ich den Leuten vom Ballhausplatz aus etwas vorlese. Man muss zu den Menschen raus – dahin, wo sie verwurzelt sind.“ Reichlich Hände galt es zu schütteln, viele Sorgen wollten gehört werden.
Bei Kremsmüller wünsche man sich eine Steuererleichterung für Montagearbeiter. Immerhin sind 90 Prozent der Mitarbeiter ständig auf Achse – „und das Leben im Ausland wird auch immer teurer“, erklären Geschäftsführer Gregor Kremsmüller und Betriebsratsvorsitzender Friedrich Zecher. „Wäre schön, wenn man sich im Parlament auch so einig wäre“, merkte der Kanzler schmunzelnd an. Und überhaupt fand er es „schön, dass er mitgehen darf“.
Endspurt
Ob seine großzügige Präsenz ein Vorzeichen für seine Zukunft nach der Wahl in Oberösterreich ist? Stöger ist als möglicher Nachfolger von Josef Ackerl für den Landesvorsitz im Gespräch. „Ich bin zwar Minister in Wien, lebe aber hier (in Feldkirchen an der Donau, Anm.) und verstehe mich als Oberösterreicher. Natürlich wäre die Landespolitik reizvoll“, sagt der Listenvierte.
Die Autos stehen kreuz und quer, parken am Gehsteig und auf der Wiese. Mit der StVO nehmen es die ÖVP-Anhänger am Mittwochabend in Leonding, Bezirk Linz-Land (OÖ) nicht so genau. Sonst aber ist alles straff durchorganisiert für die Kundgebung von Vizekanzler Michael Spindelegger. Vor dem Eingang spielt die Blasmusik einen flotten Marsch, beim Eingang zur Kürnberghalle verteilen gelb gewandete Helfer Getränke- und Essensmarkerl. Ernüchternder Beisatz für knurrende Mägen: „Die Würstel gibt es aber erst am Schluss.“
Entsprechend diszipliniert haben im Saal schon viele Platz genommen, warten auf den Spitzenkandidaten und die oberösterreichischen Minister Maria Fekter und Reinhold Mitterlehner. Die Stimmung ist gut, aber nicht aufgeheizt. Zunächst demonstriert die ÖVP, wie breit sie in Oberösterreich aufgestellt ist. Alle 109 Kandidaten werden aufgerufen und ziehen in den Saal ein. Bei den Linzern und den Mühlviertlern wird es laut: Sie haben hier ein Heimspiel.
Ein Vorbild für Spindelegger? In seiner Rede jedenfalls sagt der Spitzenkandidat: „Ich möchte der Landeshauptmann aller Österreicher sein. So wie Sepp Pühringer es mit jeder Faser seines Tuns in Oberösterreich ist.“ Und immer wieder, fast schon beschwörend: „Wir schaffen das! Wir werden die Nummer 1! Packen wir’s an!“
Zum Abschluss singen alle die Landes- und die Bundeshymne. Sämtliche Strophen. Und es gibt Würstel. Endlich.
Kommentare