Videoüberwachung in Innenstadt: Experte und Polizei raten ab

Sind gleicher Meinung: Hübner, Kreissl und SPÖ-Bürgermeister Koits.
ÖVP und FPÖ wollen dennoch im Gemeinderat Antrag für eineUmsetzung einbringen.

An das Thema Sicherheit scheint in Wels derzeit offenbar kaum jemand sachlich herangehen zu können, ohne ins Visier politischer "Scharfschützen" zu geraten. Das musste am Dienstag auch Reinhard Kreissl, Leiter des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie Wien (IRKS), erfahren. Als der renommierte Wissenschaftler den Abschlussbericht seiner umfassenden Analyse zur öffentlichen Sicherheit in Wels – des sogenannten DESSI-Prozesses (Decision Support on Security Investment) – präsentierte, kochten die Emotionen hoch.

FPÖ-Vizebürgermeister Andreas Rabl zweifelte seine Erkenntnisse und Empfehlungen an und warf ihm Polemik vor. Kreissl hatte es sich bei dem blauen Politiker mit der Einschätzung verscherzt, dass eine Videoüberwachung des Stadtplatzes und des Kaiser-Josef-Platzes derzeit nicht zielführend sei. Kreissl: "In Hinblick auf das Verhältnis von Aufwand und Investition (mehr als 50.000 Euro, Anm.) zum Ertrag erscheint dieses Mittel wenig geeignet."

Der IRKS-Leiter verwies darauf, dass die Zahl der angezeigten Straftaten (50 auf beiden Plätzen) erstaunlich gering sei. "Die objektive Sicherheitslage ist im Vergleich zu anderen Städten nicht schlecht." Auch bei der Bevölkerung sei der Wunsch nach einer Videoüberwachung nicht besonders ausgeprägt. "Nur knapp 100 von insgesamt 2500 Befragten fanden, das wäre eine geeignete Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit."

Auch Stadtpolizeikommandant Klaus Hübner, der mit Kreissl eng kooperiert hat, betonte, dass im innerstädtische Bereich keine Verbrechens-Hotspots ausfindig gemacht werden konnten: "Videoüberwachung wird daher nicht das probateste Mittel sein, um zur Steigerung der Sicherheit beizutragen." Stattdessen sei konsequent weiter der Weg mit mehr Präsenz und hoher Sichtbarkeit der Polizei im öffentlichen Raum zu beschreiten. Hübner: "Wenn sich die Politik aber für eine Videoüberwachung entscheidet, tragen wir das mit."

Unterstützung

"Das Thema kann man mit Zahlen allein nicht bemessen, das Unsicherheitsgefühl ist doch sehr groß", warnte ÖVP-Gemeinderat Andreas Weidinger. Immer wieder würde er von Bürgern und Wirtschaftstreibenden angesprochen, die eine Videoüberwachung wünschen. "Die VP ist hier klarer Partner der Bevölkerung", sagt Weidinger. Er kündigte einen entsprechenden Gemeinderatsantrag an. FP-Chef Rabl versprach sofort Unterstützung.

Alois Lißl von der Landespolizeidirektion OÖ betonte, dass die Kriminalitätslage die wichtigste Grundlage einer solchen Entscheidung sein müsse: "Wir werden die aktuellsten Zahlen noch einfließen lassen und eine Machbarkeitsanalyse erstellen."

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