"Unsere Chance, Angst abzubauen"
Ali hat alles zusammengeputzt, was am Teller war. Der 41-jähriger Iraker ist Kriegsflüchtling und besitzt nichts, außer das, was er an Kleidung am Körper trägt. Ali ist einer der letzten 14, der insgesamt 45 Flüchtlinge, die am Dienstag ihre Quartiere im Internat der technischen Fachschule in Haslach an der Mühl im Bezirk Rohrbach, OÖ, bezogen hat.
Mit Bussen wurden die Flüchtlinge von Thalham und Traiskirchen hergebracht. Die dortigen Erstaufnahmezentren stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen und das Bundesland Oberösterreich erfüllt die Asylwerberquote nur zu 84 Prozent. Jetzt dienen Schulinternate als Übergangslösungen: Neben Haslach kommen noch, wie der KURIER erfuhr, 60 in die Landwirtschaftschule nach Schlierbach sowie 70 nach Freistadt (mehr zum Thema siehe Innenpolitik S.2 sowie Artikel unten). Dazu werden noch 30 Menschen in einem ehemaligen Gasthaus in Ulrichsberg und 19 in einem früheren Wirtshaus in Gramastetten untergebracht.
Viele der Ankömmlinge in Haslach – die meisten sind Syrer und Afghanen – flüchteten vor dem Krieg. Sie wurden gefoltert und sind traumatisiert. Doch ist es nicht Furcht, die die Gesichter der Menschen ziert, sondern Dankbarkeit. "Wir schauen, dass wir den Flüchtlingen zunächst einmal Sicherheit geben", sagt Stefan Kitzberger. Der Volkshilfe-Mitarbeiter steht den Asylwerbern in den kommenden vier Wochen zur Seite, bevor sie in Wohnprojekte der Hilfsorganisation verteilt werden.
Unter den Flüchtlingen sind viele Familien mit kleinen Kindern. "Gestern kam eine 19-jährige Mutter an. In der einen Hand hielt sie ein Kleinkind, in der anderen ein Plastiksackerl, sonst nichts. So jemand flüchtet nicht freiwillig", meint Kitzberger, während er zwei spielenden Asylwerberkindern ihren Ball zurück wirft. Bemerkenswert sei vor allem die Unterstützung der Haslacher. Viele würden Obst und Kleidung vorbeibringen – "die ehemalige Volksschuldirektorin bietet Nachhilfe in Deutsch an."
Anrainer stört es nicht
Andere Anrainer sehen die Sache ähnlich. "Die Stimmung ist gut", findet Berta Bohaumitzky. "Solange sie uns nicht Stören, passt das", heißt es im Baumarkt. Alleine Tankstellen-Mitarbeiter Manfred Wolfmauer meint: "Schauen wir mal. Ich hoffe es passiert nichts."
„Es geht nicht um Quoten, nicht um Zahlen, sondern um Menschen“, sagte Tirols Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) am Mittwoch nach einem Runden Tisch zum Thema Asyl im Landhaus. Doch um Zahlen hat sich die Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen zuletzt fast ausnahmslos gedreht.
Tirol hinkt bei der Schaffung von Quartieren seit Jahren hinterher. Damit soll nun Schluss sein. Land, Kirche und Gemeindeverband haben sich gestern dazu bekannt, gemeinsam bis Jahresende 200 neue Plätze zu schaffen. „À la longue wollen wir noch weitere 100 Plätze in Tirol schaffen, sodass wir dann insgesamt 2100 Asylwerber in Tirol unterbringen können“, erklärte Baur.
Brief an Pfarren
Unterkunft für 100 Flüchtlinge soll innerhalb eines Monats geschaffen werden. Die Kirche möchte 70 Plätze bereitstellen. „Wir werden einen Brief an alle Pfarren und Klöster verschicken“, sagte Tirols Caritas-Direktor Georg Schärmer. Er rief dazu auf, die Asylthematik nicht für „billige, unwahrhafte und populistische Politik“ zu missbrauchen. „Aus Fluchtmenschen dürfen keine Fluchmenschen werden“, so Schärmer.
Massiven Widerstand aus Teilen der Bevölkerung gibt es gerade gegen ein Gries am Brenner geplantes Heim. Dass es bei Quartiersuche immer wieder zu solchen Konflikten kommt, hat für den Tiroler Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf zwei Gründe: „Es gibt sehr oft Ängste, die mit dem Fremden und Unbekannten zu tun haben. Und die werden dann teilweise geschürt.“ Bei der Zahl der Flüchtlinge, die in Tirol versorgt werden soll, bewege man sich aber nur bei 0,3 Prozent der Bevölkerung.
Als Unterkunft aus dem Spiel ist ein aufgelassenes Seniorenheim in Innsbruck, in dem bis zu 150 Personen untergebracht werden hätten können. Eine Sanierung wäre zu teuer, erklärte Baur. Die Diskussion um Quoten will sie kommende Woche beenden. Da würden die mit dem Innenministerium vereinbarten 88 Prozent erreicht.c. willim
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