Umweltgift im Trinkwasser in OÖ: Verursacher gefunden
Während 2019 noch keine auffälligen Messergebnisse vorlagen, tauchten in den Messprogrammen des Landes 2022 plötzlich Verunreinigungen auf. Und zwar mit PFAS - eine langlebige, gesundheitsschädliche Industriechemikalie. Sie findet sich etwa in Textilien, im Skiwachs und auch im Löschschaum der Feuerwehren.
Das detaillierte Messprogramm brachte vor allem bei Leonding 2022 ein "unangenehmes Weihnachtsgeschenk", führte Christoph Kolmer, Leiter Gewässerschutz des Landes Oberösterreich, aus. Denn dort waren rund 400 Personen betroffen.
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Die betroffene Bevölkerung habe mittlerweile zur Gänze wieder ein sicheres, sauberes Wasser, weil alle privaten Haushalte und Wassergenossenschaften, vor allem in der Gemeinde Leonding, an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen wurden.
Drei Verdachtsfälle gab es: Der Flughafen Linz Hörsching mit seinen Löschübungen, der Brand in der AVE mit einem gewaltigen Löscheinsatz auf der Müllsortierungsanlage, und Feuerwehrübungen der FF Pasching. Hinweise auf PFAS-Verunreinigung gab es schließlich an allen drei Stellen.
Landesrat Stefan Kaineder (Grüne): "Heute glauben wir zu wissen, dass die Verunreinigung des Trinkwassers hauptsächlich auf den Flughafen Linz zurückzuführen sind." Vor allem auf die Löschübungen. Wobei Kaineder klarstellt: "Die Löschübungen waren vorgeschrieben, das Mittel war damals nicht verboten."
Nur dort, am Flughafen, ist das gefährliche Mittel tatsächlich über das Grundwasser und schließlich ins Trinkwasser von rund 400 Personen gelangt.
Beim Brand in der AVE-Anlage geht man nur von einer lokalen Verunreinigung aus. Bei den Übungen der FF Pasching können man noch nicht mit Sicherheit sagen, ob eine Gefährdung des Grundwassers vorliege. Fest steht, dass die FF Pasching in keinem Zusammenhang mit der Verunreinigung in Leonding stehe.
PFAs wird uns lange beschäftigen, sagt Kaineder: "Wir werden uns im ganzen Land um eine Beprobung des Wassers auf diese Chemikalie kümmern." Er betont, man brauche sich nicht zu fürchten, aber ein Auge darauf werde man haben.
PFAS sind eine Gruppe von Industriechemikalien, die eine sehr große Anzahl von Substanzen umfasst.
Es handelt sich um organische Verbindungen, bei denen die Wasserstoffatome vollständig („perfluoriert“) oder teilweise („polyfluoriert“) durch Fluoratome ersetzt sind.
Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften werden sie seit langer Zeit in vielen Industriebereichen und auch im Haushalt weit verbreitet eingesetzt.
PFAS haben keine natürliche Quelle. Wegen ihrer besonderen physikalisch-chemischen Eigenschaften werden sie industriell hergestellt und in einer Vielzahl von Produkten verwendet.
Vor allem langkettige PFAS wie beispielsweise PFOS, PFOA, Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluornonansäure (PFNA) verbleiben nach der Aufnahme lange im menschlichen Organismus.
Die Anreicherung erfolgt nicht im Fettgewebe, sondern in Organen (z.B. Leber) und im Blut (wo sie an Blutproteinen binden). Beide Stoffe besitzen im Tierversuch lebertoxische, krebserregende und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften. Babys nehmen die Substanzen sowohl über die Plazenta, als auch später über die Muttermilch auf.
Die beobachteten Wirkungen sind eine Erhöhung des Cholesterinspiegels sowie die Beeinträchtigung des Immunsystems von Kindern. Auch in österreichischen Studien konnte eine Belastung mit diesen Stoffen bestätigt werden.
In der österreichischen Trinkwasserverordnung sind derzeit keine Grenzwerte für PFOS, PFOA oder andere PFAS enthalten. Mit der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie (TWRL (EU) 2020/2184)) sind jedoch zwei neue Grenzwerte für PFAS in nationales Recht umzusetzen: 0,10 μg/l für die „Summe der PFAS“ und 0,5 µg/l für den Parameter „PFAS gesamt“.
Quelle: Umweltbundesamt
Maria Wiesauer, Expertin der Trinkwasseraufsicht des Landes Oberösterreich, erklärt: 2026 werde es einen gültigen Grenzwerte geben. Deshalb wird empfohlen, Wasser, das diesen Grenzwert überschreitet, schon jetzt nicht mehr zu trinken.
Bezirkshauptmann Manfred Hageneder (BH Linz-Land), über die Maßnahmen: Die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung sei als erstes erfolgt. Weiterer Eintrag von PFAS müsse verhindert werden. In Pasching etwa durch genaues weiteres Monitoring.
Die Firma AVE werde redimensioniert, innerhalb von drei Monaten müsse das Unternehmen der Behörde die nächsten Schritte einleiten. In Pasching werden keine Übungen mit dem Löschschaum mehr durchgeführt.
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Auch der Flughafen sei angehalten, Projekte zur Verhinderung weiteren Eintrags von giftigen Substanzen zu entwickeln und umzusetzen. Wobei auch Hageneder betont: Rechtliche Verfehlungen liegen nicht vor.
Am Flughafen werde auch die Sanierung des kontaminierten Areals über das Altlastensanierungsgesetz angestrebt.
Hagender sagt jetzt: "Seit ich mich mit PFAS beschäftige, setze ich beim Imprägnieren von Schuhen oder Textilien eine Maske auf."
Feuerwehrschaum mit PFAS in OÖ entsorgt
Abschließend betonte Kaineder: "Wir haben Verursacher, aber keine Schuldigen gefunden. Mit den Feuerwehren haben wir vereinbart, dass kontaminierter Löschschaum flächendeckend entsorgt wurde und jetzt nicht mehr im Einsatz ist."
Wie es rechtlich aussieht, ist offen, so Kaineder. Die Gemeinde Leonding, die für eine neue Wasserversorgung mit Unterstützung des Landes sorgen musste, habe angekündigt, Gutachten einholen zu wollen, ob Regressansprüche gestellt werden könnten.
Was Kaineder auch sagt: "Diese Chemikalie gehört schnellsten verboten, gleichzeitig müssen wir Alternativen dafür entwickeln."
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