Ein Ort sucht seinen Pfarrer
Er hat schon angedeutet, dass ihn Sorgen begleiten. Aber es ist sein gutes Recht, dass er sich jetzt eine Auszeit nimmt, um Klarheit zu schaffen“, sagt Marianne Pachler, Pfarrgemeinderätin von St. Georgen im Attergau (Bezirk Vöcklabruck). Die Menschen in der Gemeinde sind in Sorge. Seit Freitag ist Pfarrprovisor Johannes Teufl (54) spurlos verschwunden.
Der Geistliche ist Mitglied des Franziskanerordens und hat vor drei Jahren um Beurlaubung als Ordensmann ersucht. Seither war er als Pfarrprovisor in der Marktgemeinde tätig.
Bereits kurze Zeit nach seinem Antritt soll der 54-Jährige in der neuen Pfarre verlautbart haben, dass er eine Freundin hat. Wer etwas dagegen habe, solle bitte zu ihm kommen und darüber sprechen, teilte er den Kirchengängern mit.
Laut einem Bericht der Kronen Zeitung soll er von konservativen Katholiken gemobbt worden sein, weil er sich zu seiner Freundin bekannte. Die Diözese, seine Lebensgefährtin und die Pfarre haben am Samstag eine Vermisstenanzeige bei der Polizei erstattet.
Entscheidung verlangt
Zunächst verlangte der Franziskanerorden von Teufl eine definitive Entscheidung hinsichtlich seiner Zugehörigkeit zum Orden. Darüber hinaus stand ihm ein Wechsel in die Diözese Linz offen, um als Weltpriester zu dienen. Die Diözese stellte dabei jedoch eine klare Forderung: Und zwar müsse er die zölibatäre Lebensführung einhalten, sprich, er muss sich entweder für die Kirche oder für seine Lebenspartnerin entscheiden.
Am Freitag, dem Tag seines Verschwindens, hat der Gottesmann einen Brief an den Linzer Bischof Ludwig Schwarz und an den Pfarrgemeinderat geschrieben, in dem er um einen unbefristeten und unbezahlten Urlaub ansuchte. In diesem Urlaub wolle er mit therapeutischer Begleitung ernsthaft eine Entscheidung für sein Priestersein finden.
Gemeinde steht zu ihm
Über seinen Lebensweg und seine persönliche Situation habe es laut Diözese in den vergangenen Wochen mehrere Gespräche gegeben. Mit seinem abrupten Verschwinden hatte aber keiner gerechnet.
In St. Georgen ist der Pfarrer jedenfalls beliebt: „Wir hoffen alle, dass es ihm gesundheitlich gut geht. Dass er eine Freundin hat, ist für mich kein Problem. Das ist seine private Entscheidung“, sagt Gemeindevorstand Richard Roither (SP). Er solle seine Entscheidung jedenfalls in Ruhe treffen. Zwei ältere Damen am Friedhof erzählen, dass Teufl ein sehr stiller und introvertierter Pfarrer sei. „Er ist aber ein sehr netter Mensch und soll sich alles gut überlegen. Wir halten zu ihm“, sagen sie.
„99,9 Prozent der Gemeinde steht hinter ihm“, ist sich auch Bürgermeister Wilhelm Auzinger (VP) sicher. „Ich habe immer gut mit ihm zusammengearbeitet. Wir würden uns alle freuen, wenn er endgültig zu uns kommt.“ Von Sticheleien gegenüber dem Geistlichen wisse er nichts. Der Orden und die Diözesanleitung klappern derzeit alle möglichen Aufenthaltsorte des Vermissten ab, um ihn zu finden und wieder mit ihm in Kontakt treten zu können.
Mittwochabends wird im Pfarrgemeinderat gemeinsam mit einem Diözesanvertreter die weitere Vorgangsweise besprochen.
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