SPÖ-Klubobmann Stefan Giegler, einst einer der engsten Vertrauten von Klaus Luger, feierte am Sonntag im Central in der Linzer Innenstadt mit. Die Ausgangslage der SPÖ beschreibt er mit einem Filmzitat aus "Der Atlantikschwimmer" von Herbert Achternbusch: "Du hast keine Chance, aber nutze sie."
Lugers Sündenfall schaffte Freiraum
Wie Prammer und der SPÖ das gelingen konnte? Lugers Sündenfall, dass er nicht nur die Öffentlichkeit, sondern alle seine engsten Mitstreiterinnen und Mitstreiter belogen hat, führte dazu, dass er sich - nach einem kurzen Schockmoment der Linzer Genossen im Weinviertel, als sich alle noch hinter ihn gestellt hatten - unverzüglich und vollständig zurückziehen musste.
Das machte - nach der Entscheidung für ihn - den Platz für Prammer frei. Neben einer dominierenden Polit-Persönlichkeit - und wie Luger sein Amt angelegt hatte - wäre im Zuge einer amikalen Übergabe bei weitem nicht dieser Spielraum für eigene politische Entscheidungen und die Entwicklung eines eigenen persönlichen Profils gewesen.
Einigung auf einen Kandidaten
Diese Chance hat Dietmar Prammer genutzt, in diesen freien Raum ist er gegangen, darin ist er aufgeblüht. Und die Linzer SPÖ ist glaubhaft von Luger abgerückt, aber als Partei geschlossener gewesen denn je. Diese Geschlossenheit, die aus der massiven Kritik an Luger und der SPÖ von außen generiert wurde, resultiert auch daher, dass sich in der kurzen Zeit niemand anderer als adäquater Kandidat in Stellung bringen konnte. Oder wollte.
Im Zuge einer - wie vorhin angesprochen - geplanten amikalen Übergabe vor den Wahlen 2027 war es längst nicht fix, dass sich Prammer als Kronprinz Lugers so einhellig durchgesetzt hätte.
Denn mit Blick auf 2027 hätten sich, wie aus SPÖ-Kreisen zu hören ist, auch gerne andere Kandidaten oder Kandidatinnen innerhalb der SPÖ positioniert. Selbst Luger soll bereits Augen auf eine andere Kandidatin geworfen haben, heißt es.
Frauen traten zurück, stehen aber hinter Prammer
Apropos Frauen. Die heftige Kritik an der Entscheidung Prammers, selbst geschäftsführender Vizebürgermeister zu werden und die beiden SPÖ-Frauen Karin Hörzing und Tina Blöchl zurückzustufen, ging ins Leere.
Und zwar deshalb, weil beide Frauen diese Entscheidung im Sinne einer Geschlossenheit der SPÖ vollinhaltlich mitgetragen haben. Und zu jeder Zeit hinter "ihrem Didi" gestanden sind, wie auch bei Wahlsieg am Sonntag.
Prammers Profil prägte die Wahl
Einige richtige Entscheidungen haben den bis zu diesem Zeitpunkt farblosen und nur in SPÖ-Kreisen bekannten Politiker, der erst seit 2021 im Stadtsenat vertreten ist, Bekanntheit und Anerkennung verschafft.
- Die Bestellung des unabhängigen Juristen und ehemaligen Uni-Rektors Meinhard Lukas zum Aufklärer der Brucknerhaus-Affäre. Man konnte Prammer und ihm glauben, dass alles gemacht wird, um den Skandal vollständig aufzuklären. Selbstredend, dass das noch ein weiter Weg ist. Bei der Wahl in zwei Jahren steht am Prüfstand, wie die Aufklärung dann tatsächlich erfolgt ist.
- Der Widmungs-Stopp für zehn Hektar im Grünland für die neue Digital-Uni I:TU. Neben einem dominanten Klaus Luger, der kaum in der Lage war, von eingeschlagenen Pfaden abzugehen, wäre diese Entscheidung trotz aller fachlicher Gutachten wohl nicht gekommen. Prammer hat sich damit in Linz einen Namen gemacht und ein emotionales Thema (spätestens in der Stichwahl) für sich nutzen können.
- Die "alten" Sozialdemokraten wie Franz Dobusch oder auch Josef Ackerl waren zur Verkündung der Stichwahl-Entscheidung ins Alte Rathaus gekommen. Dass Prammer diese Gräben unbefangen überbrücken konnte, hat einen zusätzlichen Rückenwind gebracht.
- Seine pragmatische Diskussionskultur und sein trockener Humor haben bei den vielen Abenden in den Stadtvierteln auch dazu beigetragen, dass sich Prammer vor allem in der Kernklientel der SPÖ positionieren konnte. Auch bei den öffentlichen Diskussionen überließ er das Streiten eher den anderen Kandidatinnen und Kandidaten, wie die Oberösterreichischen Nachrichten schon treffend analysierten.
Was bedeutet das Ergebnis für die Zukunft? Die Linzer Stadtpartei wird künftig auch in der Landespartei eine starke Stimme sein, auch auf SPÖ-Bundesebene muss Prammers Stimme angesichts des Erfolges Gehör finden. Dass er es weniger auf Konfrontation anlegt, als sein Vorgänger, kann nur hilfreich sein.
Und der Linzer Bürgermeister ist mit einem starken Vertrauen und einem großen Rückhalt in der Bevölkerung ausgestattet. Das hilft bei allen Verhandlungen mit Bund und Land, die jetzt noch kommen. Stichwort Digital-Uni, aber auch bei allen Verkehrs-, Infrastruktur-, Gesundheits-, Sicherheits- und Planungsthemen.
Da ist es von Vorteil, weniger der allmächtige Machtpolitiker wie sein Vorgänger Klaus Luger sein zu wollen. Sondern der Mit-Gestalter, der die jetzt von allen Seiten ausgestreckten Händen ergreift, um gemeinsam Linz weiter zu verändern. Gemessen wird Prammer in zwei Jahren.
Kommentare