"Strafen sind ein Rückfall ins Mittelalter"

Laut Schulunterrichtsgesetz sind Kollektivstrafen, körperliche Züchtigung und beleidigende Äußerungen seit den 1980er-Jahren verboten.
Debatte um gemeinnützige Arbeit und andere Strafen für Schüler, die sich danebenbenehmen.

Die Prügelstrafe oder In-der Ecke-Stehen sind für Fritz Enzenhofer kein Thema. Oberösterreichs Landesschulrats-präsident fordert allerdings mehr „Interventionsmöglichkeiten“ für Lehrer, wenn sich ihre Schüler daneben benehmen. Konkret kann er sich vorstellen, dass Übeltäter zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichtet werden. Auch Zusatzübungen in Deutsch oder Mathematik hält der ÖVP-Funktionär für ein geeignetes Mittel.

Mit seinen Vorschlägen spricht Enzenhofer vielen überforderten Lehrern aus der Seele. Ganz gezielt, wie Kritiker meinen: Ende November sind Personalvertretungswahlen, Enzenhofer hat als Obmann des Christlichen Lehrervereins (CLV) eine Mehrheit von 71,2 Prozent zu verteidigen. Schützenhilfe erhält er aus dem CLV: Paul Kimberger, Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, setzt sich sogar für „Time-out-Klassen“ ein. Dort sollen Schüler, die den Unterricht stören, unter pädagogischer Anleitung Aufgaben erledigen. „Kinder müssen lernen, Grenzen zu akzeptieren“, meint er.

Für die SPÖ kommen solche Methoden nicht in Frage: „Für mich ist die Schule eine Bildungsinstitution, keine Erziehungsanstalt“, sagt SPÖ-Landesparteichef Reinhold Entholzer. Anstatt einer verschränkten Ganztagsschule mit besseren Rahmenbedingungen für Lehrer und Schüler trete Enzenhofer für „mittelalterliche Strafsysteme in einem neuen Kleid“ ein. Die Aktion Kritischer Schüler fordert ÖVP-Bildungslandesrätin Doris Hummer auf, sich davon zu distanzieren.

Hilfe vor Strafe

Ein klares Nein zu den Vorschlägen ihres Parteikollegen kommt von Hummer allerdings nicht: „Bildung bedeutet auch Erziehung. Es braucht klar definierte Spielregeln, an die sich alle halten müssen.“ Strafen seien die letzte Konsequenz, bei Verstößen brauche es zunächst „positive Pädagogik“ und Unterstützung durch Betreuungslehrer. Diese – mittlerweile gibt es etwa 30 Dienstposten – würden auch verstärkt an den Schulen eingesetzt. Auf lange Sicht sollten die Kinder lernen, dass sie die Folgen für ihr Fehlverhalten tragen müssten, meint Hummer. „Wenn ein Kind zum Beispiel absichtlich seinen Kakao am Gang ausschüttet, dann soll es auch zusammenwischen. Da bin ich ganz bei Fritz Enzenhofer.“

Kuschelpädagogik

Bei der FPÖ stößt der Ruf nach Strafen auf offene Ohren: Es sei an der Zeit, die Lehrerrechte zu stärken und die Kuschelpädagogik zu beenden, meint Bildungssprecherin Silke Lackner. „Die ÖVP ist endlich auf den freiheitlichen Zug aufgesprungen.“

Für die Neos sind Enzenhofers Forderungen ein Ausdruck von Ideen- und Hilflosigkeit. „Auch deshalb muss der Landesschulrat reformiert werden“, meint Landessprecherin Judith Raab.

Laut Schulunterrichtsgesetz sind Kollektivstrafen, körperliche Züchtigung und beleidigende Äußerungen seit den 1980er-Jahren verboten. Lehrer sind verpflichtet, „persönlichkeits- und gemeinschaftsbildende Erziehungsmittel“ anzuwenden.

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