„Sich selber Gutes tun hilft immer“
„Meine Eltern sind in Kurzarbeit. Werden wir uns unser Leben noch wie gewohnt leisten können und wie sieht es mit meinen Zukunftschancen aus? Werde ich meine Ausbildung abschließen können?“
„Ich gehöre zur Risikogruppe und habe Angst, mich mit Corona zu infizieren. Zusätzlich sorge ich mich um meine Familienmitglieder und Freunde. Soll ich Kontakt halten oder nicht?“
„Ich habe Angst, meinen Job zu verlieren. Die monatliche Kreditrate für unser Haus können wir nicht mehr bezahlen, sollte ich meine Arbeit verlieren.“
Große Ohnmacht
Ängste, Zukunftssorgen, Unsicherheit, Überforderung, keine Kraft mehr für den Alltag und ein großes Ohnmachtsgefühl: Seit dem zweiten Lockdown und dem Attentat in Wien gehen noch mehr Anrufe als sonst bei der Krisenhilfe OÖ ein. „Man merkt einfach, dass es großen Redebedarf gibt“, sagt Sonja Hörmanseder, Leiterin der Krisenhilfe OÖ. „Jeder braucht ein offenes Ohr, die Sorgen auszusprechen, entlastet einfach. Und vielen fällt es leichter, anonym mit jemandem zu reden. Dazu sind wir da.“ Geschulte Expertinnen und Experten nehmen rund um die Uhr die Anrufe entgegen.
Bei manchen reicht ein einziges Telefonat aus, um wieder eine Perspektive zu bekommen, andere brauchen längere Begleitung: „Auch darauf sind wir vorbereitet. Entweder wir verweisen die Anrufer an entsprechende Beratungsstellen wie zum Beispiel die Schuldnerberatung oder vielleicht sogar an einen Facharzt, wenn es in Richtung psychiatrischer Erkrankung geht. Bei Notfällen haben wir spezielle Möglichkeiten zu reagieren“, erklärt Hörmanseder.
Ungesunde Strategien
Psychische Belastungen werden derzeit verstärkt wahrgenommen. Viele Menschen mit Depressionen oder Angsterkrankungen konnten während des Sommers durchschnaufen. Jetzt in der dunkleren Jahreszeit auch noch einen Lockdown zu verkraften, bringt bei vielen das Fass zum Überlaufen: „Das geht an die Substanz. Viele, nicht nur Menschen mit psychischen Krankheiten, greifen auf ungesunde Bewältigungsstrategien wie Alkohol oder Drogen zurück“, so die Expertin.
Dabei gäbe es viele Möglichkeiten, seinen Optimismus zu behalten und gut durch Krisen zu kommen. „Oft sind es die kleinen Dinge: Alles, was mir selber guttut – sich entspannen, ein Bad nehmen, ein gutes Buch lesen, einen Freund anrufen –, hilft. Außerdem ist Bewegung das Um und Auf. Niemand muss ein Spitzensportler sein. Es reicht, 20 Minuten spazieren zu gehen, bestenfalls in der Natur. Einfach raus aus den vier Wänden und durchatmen. Das wirkt stressreduzierend“.
Richtige Dosis finden
Bei Infos zu aktuellen Themen sei die Dosis entscheidend, weiß die Leiterin der Krisenhilfe OÖ: „Wer sich den ganzen Tag mit einem einzigen Thema beschäftigt, wird verwirrt, verunsichert und belastet. Ja, Information ist wichtig, aber in gesundem Ausmaß und aus guten Quellen.“ Und die Conclusio zum Schluss: „Es bringt nichts, sich in Dinge reinzusteigern, die man nicht ändern kann. Das raubt nur Energie. Konzentrieren wir uns lieber auf das, was wir beeinflussen können.“
Krisenhilfe OÖ
Wer? Jeder Mensch mit Gesprächsbedarf darf sich an die Krisenhilfe OÖ wenden. Auch wenn es um Angehörige geht, bei denen man eine Krise vermutet, kann die Krisenhilfe anonym und kostenlos kontaktiert werden
Was? Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine spezielle Ausbildung in der Krisenintervention. Sollte ein Telefonat nicht reichen, verweisen die Expertinnen und Experten an weitere Anlaufstellen
Wie? Gespräche und Beratungen sind rund um die Uhr kostenlos und anonym unter 0732/2177 oder auch online auf www.krisenhilfeooe.at möglich
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