Selbst ist der Bauer: Direktvermarktung

Ziegen sind eine Möglichkeit der Direktvermarktung, wie es das Beispiel der Familie Wellinger im Innviertel zeigt
Schon mehr als 2.000 oberösterreichische Landwirte verkaufen ihre Produkte ab Hof. Von Gerhard Marschall.

„Direkt vermarktete Lebensmittel liegen im Trend“, sagt Agrarlandesrat Max Hiegelsberger. Das gilt nicht erst seit dem Corona-Lockdown, wenngleich Eigenversorgung mit Lebensmitteln aus der Region vermehrt zum Thema wird.

Gastronomie vorübergehend ausgefallen

Die Kehrseite: Die Gastronomie ist als Abnehmer weitgehend ausgefallen. Bäuerliche Betriebe, die stark auf diese Absatzschiene gesetzt hatten, mussten herbe Einbußen verkraften. Das konnte nur zum Teil kompensiert werden. Der Grüne Bericht 2020 weist für Oberösterreich 2.190 Direktvermarkter aus, das ist rund ein Zehntel aller landwirtschaftliche Betriebe – Tendenz steigend. Die Nachfrage nach regionalen, saisonalen und handwerklich erzeugten Lebensmitteln steigt.

 Fleisch und Alkohol

Hand in Hand damit geht, dass Agrarbetriebe ihren Schwerpunkt Direktvermarktung ausbauen und professionalisieren. Fleisch und Fleischprodukte sind mit gut 1.000 Anbieterbetrieben die stärkste Gruppe, gefolgt von alkoholischen Getränken (641) und Eiern (528). Auf Platz vier rangieren fast gleichauf Milch und Milchprodukte (408) und alkoholfreie Getränke (406). Mehr als 80 Prozent der Direktvermarkter verkaufen ihre Produkte ab Hof im eigenen Laden, oft in Kombination mit Zustellung. Die meisten Betriebe haben jedoch mehrere Vertriebswege, wobei die Belieferung von Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel zuletzt merklich zugenommen haben.

Bezirke Urfahr und Vöcklabruck sind führend

Regional ist die Direktvermarktung noch unterschiedlich weit fortgeschritten. Die meisten Anbieter gibt es in den Bezirken Urfahr (279), Vöcklabruck (232) und Braunau (202). Im Bezirk Schärding hat sich vor gut zehn Jahren eine Handvoll Direktvermarkter zusammengetan. 2014 wurde daraus der Verein, der sich als Netzwerk versteht. Vergangenen Herbst wurde die Broschüre „Wie’s Innviertel schmeckt“ herausgegeben, die Gusto auf Lebensmittel direkt vom Bauernhof machen will.

Weg vom Weltmarkt

„Wir möchten darüber hinaus aber auch Bewusstseinsbildung betreiben“, sagt Vereinsobmann Alois Selker aus Sigharting. Regionalität betreffe nicht nur die Landwirtschaft, sondern alle Arbeits- und Lebensbereiche. „Wir definieren das als Wertschätzung und Wertschöpfung.“ Generell macht Direktvermarktung weniger abhängig von weltweiten Agrarmärkten und deren Preisdiktat. Über Verarbeitung und Vermarktung kann ein höherer Endpreis – und somit ein höherer Umsatz – erzielt werden. Dem stehen jedoch ein höherer Arbeitseinsatz und Investitionen gegenüber. Ob sich das rechnet, muss jeder Betrieb selbst beantworten.

www.wiesinnviertelschmeckt.at

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