Schäferstündchen jenseits der 60
Dass er mich verlässt, der Kleine, das war meine größte Angst", erzählt ein älterer Herr in Gabi Schweigers Dokumentarfilm „Die Lust der Männer" mit einem Lächeln. Im Werk der gebürtigen Steyrerin machen sich fünf Männer jenseits der 60 Gedanken über ihren älter werdenden Körper und über Sex in fortgeschrittenen Jahren. Dass dabei nicht mehr alles so funktioniert, wie gewünscht, liegt in der Natur der Sache. Der Streifen, der Anfang 2013 in die heimischen Lichtspielhäuser kommt, ist das Pendant zu ihrem im vergangenem Jahr erschienen Film „Die Lust der Frauen", in dem Seniorinnen frei von der Leber weg über ihr Verlangen plaudern.
„Sexualität älterer Menschen, im Besonderen die Sexualität älterer Frauen, ist in unser Kultur lange Zeit tabuisiert worden. In der medialen Welt, sei es in Filmen oder Werbung, scheint Erotik ein Vorrecht der Jugend zu sein. Wir sehen kaum Bilder von älteren und alten Menschen in einem erotischen Zusammenhang", erklärt die 53-jährige Filmemacherin ihren Antrieb, das für viele heikle Thema aufzugreifen.
Kommerzialisierung
Abgesehen davon gebe es die paradoxe Situation, dass das Thema Sexualität einer gnadenlosen Kommerzialisierung unterliege und dadurch omnipräsent sei. Gleichzeitig werde kaum offen darüber kommuniziert. „Dem wollte ich mit meinen Filmen etwas entgegensetzen."
Schweiger glaubt, dass auch die Römisch-Katholische Kirche verantwortlich für das Tabu sei, älteren Menschen Geschlechtsverkehr zuzugestehen. „Sexualität jenseits der Zeugungsfähigkeit, also ‚nur` für den Lustgewinn, das war und ist nicht im Sinne der Kirche", meint die Dokumentarfilmerin, die vor sieben Jahren nach der Gründung einer Landkommune und einer Möbel-Manufaktur eine neue berufliche Orientierung gesucht hat.
Allerdings ist die in Wien lebende Oberösterreicherin der Ansicht, dass es merkbare Unterschiede gibt, wie nicht mehr ganz so junge Herren und Damen von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Frauen würden früher erotisch abgewertet werden. „Ein älterer Mann kann seine nachlassende körperliche Attraktivität mit Attributen wie ‚Reife` und ‚Erfolg` leichter kompensieren. Der Spruch ‚Männer reifen, Frauen altern` zeigt dies sehr klar."
Gefühle
Und auch bei der Arbeit zu den beiden Filmen habe es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gegeben. Bei der Suche nach Protagonistinnen für „Die Lust der Frauen" haben sich 100 Seniorinnen bei ihr gemeldet, während es bei den Recherchen zur „Lust der Männer" nur mehr 15 mögliche Interessenten gab. „Das ist natürlich kein Zufall, Männer sind im Durchschnitt wesentlich ungeübter darin, über ihre Gefühle, Ängste und Schwächen zu sprechen."
INFO: Gabi Schweiger stellt „Die Lust der Männer“ kommendem Samstag um 14.30 Uhr bei den Oberösterreichischen Kulturvermerken im Gmundner Stadttheater vor. Um 18 Uhr diskutiert sie mit der Autorin Elfriede Hammerl, dem Philosophen Peter Strasser und dem Politologen Anton Pelinka. Am Sonntag wird ihr Film „Die Lust der Frauen“ ab 14.30 Uhr gezeigt.
Kulturvermerke: Tarzan und Jane als Reibebaum in Gmunden
Die Oberösterreichischen Kulturvermerke in Gmunden stehen in diesem Jahr unter dem Titel „Tarzan und Jane". Vom Donnerstag, 18. 10, bis Sonntag, 21. 10. ergründen sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Mann und Frau in Literatur, Philosophie und der Lebensrealität.
Eröffnung:
Die Veranstaltung, die vom Kulturpublizisten Franz Schuh kuratiert wird, beginnt mit einem Referat des Welser Filmemachers Andreas Gruber. Der Regisseur, der mit „Hasenjagd" bekannt wurde, erzählt im Stadttheater ab 18 Uhr über die Filmfiguren Tarzan und Jane.
Konzert:
Am Freitag tritt die Sängerin Tini Kainrath, die sich als Mitglied der Rounder Girls einen Namen gemacht hat, auf. Begleitet wird sie beim Musikabend „Ich Jane – du Tarzan" vom Pianisten Gerald Schuller. Beginn ist um 20 Uhr.
Kleingeldaffäre:
Die Kolumnistin und Autorin Elfriede Hammerl liest am Samstag um 16 Uhr aus ihrem Roman „Kleingeldaffäre". Im Mittelpunkt der Erzählung steht eine Affäre einer älteren Frau zu einem jüngeren und verheirateten Mann.
Feminismus:
Der bekannte Politikwissenschaftler Anton Pelinka referiert ebenfalls am Samstag ab 16.30 Uhr über den „Megatrend Feminismus" und die „Angleichung der Geschlechterrollen.
Pop:
Die Wiener Indie-Electro-Kombo Luise Pop gastiert am Samstags ab 20 Uhr in der Traunseestadt. Zu hören gibt es von dem angesagten Quartett aus der Bundeshauptstadt tanzbare Songs mit einer Portion Feminismus.
Kommentare