Kraftakt und Kopfsache
„Du brauchst einfach alles – Kraft, Schnellkraft, Technik – und musst in wenigen Sekunden alles richtig machen.“ Sargis Martirosjan beschreibt seinen Sport als komplexe Angelegenheit, bei der viel zusammenspielen müsse. „Der Kopf muss es richtig diktieren, und der Körper muss es richtig umsetzen.“
Herkunftsland Armenien
Martirosjan ist Gewichtheber in Diensten des SK VÖEST. Der 34-jährige Heeressportler stammt aus Armenien und wird bei den Olympischen Spielen im Sommer in Tokio antreten. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Qualifikationsmodus geändert. Mit der Folge, dass sich für den 34-Jährigen das Tor zum Olymp erneut auftat. Es sind seine zweiten Spiele.
Schleimbeutelentzündung
Momentan laboriert Martirosjan an einer Schleimbeutelentzündung im rechten Ellenbogen. Die sollte aber bald auskuriert sein, hofft er: „Ab nächster Woche kann ich wieder voll trainieren.“ Ab dann ist alles in Richtung Tokio ausgerichtet. Anfang Juni wird er erfahren, für welche Gewichtsklasse er qualifiziert ist: jene bis 109 Kilo oder jene darüber.
Reißen und Stoßen
Gottfried Langthaler, Landesverbandspräsident und Martirosjans Coach, schätzt die Chancen bei den superschweren Jungs höher ein. Martirosjan sieht das eher umgekehrt. Absolut einig sind sich die beiden in der Einschätzung von Martirosjans Stärke. Es gibt beim Gewichtheben zwei Disziplinen, Reißen und Stoßen. „Er ist ein sehr guter Reißer und einer der Besten in Europa“, sagt Langthaler. „Da brauchst du so richtig Schnellkraft“, ergänzt sein Schützling, „und ich bin richtig schnell“. Zudem sei das die technisch anspruchsvollere Disziplin.
In dieser hat er der EM 2018 Gold gewonnen, dazu kommen einmal Silber und zweimal Bronze. Bei Olympia wird allerdings nur der Zweikampf, die Kombination aus beiden Disziplinen, gewertet. Martirosjan nimmt sich eine neue persönliche Bestleistung vor.
Bestleistung 389 kg
Die liegt derzeit auf 389 Kilo. Schafft er mehr, rechnet er sich Platz zehn, neun, oder acht aus. Elfter war er vor vier Jahren in Rio, dieses Mal möchte er unbedingt besser abschneiden. Die Medaillen sind angesichts der übermächtigen Konkurrenz aus China, Iran oder Osteuropa außer Reichweite.
"Linz ist meine neue Heimat"
Mit neun Jahren hat Martirosjan mit dem Gewichtheben begonnen. 2006 kam er nach Österreich, 2014 erhielt er die Staatsbürgerschaft. „Linz ist meine neue Heimat“, sagt er, „ich bin da wie daham“. Seine Familie – Eltern, zwei Brüder, eine Schwester – leben in Armenien. Er ist dort nach wie vor populär, kehrt regelmäßig zum Trainingslager zurück. Gewichtheben sei in Armenien Nationalsport, erzählt er, „wie Skifahren in Österreich“. In Oberösterreich gibt es zurzeit sieben Vereine, allein drei im Bezirk Braunau. „Das Innviertel war schon immer eine Macht“, sagt Verbandspräsident Langthaler.
Rund 100 Gewichtheber
Er schätzt die überschaubare Gewichtheber-Szene auf rund 100 Aktive. Nach einer leichten Steigerung sei während der Corona-Pandemie rund ein Drittel verloren gegangen. Die sollen laut Langthaler zurückgeholt werden. Ein Nachwuchscup an diesem Wochenende im Sportpark Linz-Auwiesen sollte in erster Linie die Sozialkontakte wiederbeleben. In der Regel lässt sich Gewichtheben auf hohem Niveau bis Mitte 30 ausüben. Ein Jahr wolle er es noch international versuchen, in der Bundesliga noch länger, sagt Martirosjan: „Schauen, welche Signale der Körper gibt.“
Ziel ist Trainer zu werden
Nach der aktiven Karriere möchte er Trainer werden. Er hat in Armenien die Ausbildung absolviert und hofft, dass sie in Österreich anerkannt wird. Seinem Sport will er jedenfalls treu bleiben, in welcher Funktion auch immer. „Ich habe das Gewichtheben im Blut.“
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