"Die Mädchen sind 12, 13 oder 14 Jahre alt", zeigte sich der LSE-Chef besorgt, "fast zehn sind es in den letzten Monaten gewesen." Einen konkreten Fall nannte er in dem Zusammenhang - ein Mädchen aus Oberösterreich war in Deutschland entdeckt worden. "Wir versuchen, Kontakt aufzunehmen und das Kind wieder in die Gesellschaft zurückzuholen. Das ist oft ein Katz'-und-Maus-Spiel", räumte er ein. Das Problem sei tatsächlich: "Die Mädchen werden sofort verheiratet und sollen Kinder gebären." Und das sei auch bei Mädchen in Oberösterreich zuletzt passiert.
Tischlinger hat dabei immer deutlich auf den Unterschied zwischen jungen Menschen, die der Religion des Islam angehören, und jenen, die von Hintermännern angeworben und für radikale politische Zwecke missbraucht werden sollen, hingewiesen.
Die Informationen, die Tischlinger zuvor auch im Unterausschuss gegeben hatte, haben die Freiheitlichen OÖ jedenfalls dazu veranlasst, eine detaillierte Anfrage ans Innenministerium zu stellen, um einen genauen Überblick über aktuelle Zahlen in Sachen islamistischer Radikalisierung im Bundesland und ganz Österreich zu erhalten.
Viele Fragen unbeantwortet
Die Beantwortung durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) liegt jetzt vor. Und sie fällt vage aus. Die Fragen nach Konvertierungen, Verheiratungen nach Recht des islamischen Staats samt rascher Geburt von Kindern, diesbezügliche Kooperationen in der Polizeiarbeit mit Deutschland fallen "nicht in den Zuständigkeitsbereich" des Ministeriums.
Ebenso blieb - laut Innenministerium mangels Zuständigkeit - unbeantwortet, ob Bildungsministerium und Bildungsdirektionen über die Gefahren rund um die Anwerbung für radikal islamistische Zwecke, die Tischlinger im Ausschuss artikuliert hatte, informiert worden seien.
"Nicht zuständig"
Auch auf die Frage nach Präventions- und Infokampagnen heißt es lediglich: "Durchführung von Kampagnen hinsichtlich anerkannter Religionsgemeinschaften fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres."
Betont wird auch seitens des Ministeriums, dass alleine das "Konvertieren zu einer Weltreligion per se als nicht kritisch erachtet" werde. Als kritisch bzw. verfassungsgefährdend zu sehen sei "die Einflussnahme extremistischer Gruppierungen auf andere Personen, um diese für ihre Ideologien und Zwecke zu gewinnen. Dazu können vielfältige Arten und Weisen der Indoktrinierung zählen. Sobald Menschen aus extremistischen Intentionen heraus zu bestimmten Handlungen angewiesen werden, die dem jeweils extremistischen Zweck dienen, ist dies eine Herausforderung für den Verfassungsschutz."
Ob es aktuell in Österreich Handlungsbedarf gebe, und wie groß die Anwerbungsaktivitäten derzeit aus dem radikal islamistischen Bereich eingeschätzt werden, blieb unbeantwortet.
"Innenminister nimmt Gefahren nicht ernst"
„Keine einzige konkrete Frage wurde beantwortet, obwohl hinter dieser Thematik tragische Schicksale von Familien und reale Gefahren stehen. Diese nimmt der Innenminister offenbar nicht ernst“, fasst Klubobmann Herwig Mahr (FPÖ) die Beantwortung aus seiner Sicht zusammen.
Und legt mit Verweis auf das Ringen zwischen FPÖ und ÖVP bei den gescheiterten Regierungsverhandlungen um das Innenministerium nach: "Erkennt Innenminister Karner den Ernst der Lage nicht oder will er die wahren Probleme verschleiern. Beides wären Gründe für eine rasche Amtsübergabe. Wenn ein Minister so lapidar offenbart, eigentlich keinen Plan über derart sensible Bereiche zu haben, ist er fehl am Platz."
Innenminister Karner kontert, ohne inhaltlich mehr Informationen preiszugeben: „Die FPÖ ist jene Partei, die gegen eine moderne und zeitgemäße Überwachung von Islamisten und Rechtsradikalen im Online-Bereich ist. Die Kritik an der Polizei ist daher an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten."
Auf eine ergänzende Anfrage des KURIER an das Innenministerium zu den von Tischlinger konkret angesprochenen Fällen in Oberösterreich, der sicherheitspolizeilichen Tragweite von Anwerbungen junger Menschen für einen radikalen politischen Islam und den IS und mögliche verstärkte Aktivitäten in diese Richtung antwortete das Ministerium: "Radikalisierung im digitalen Raum ist ein Faktum und eine Herausforderung für alle europäischen Staaten. Der digitale Raum wird dabei von islamistischen Extremisten genauso genutzt, wie von Rechtsextremen."
In Oberösterreich seien zahlreiche Gegenmaßnahmen eingeleitet worden, sowohl bei Ermittlungen, wie auch in der Prävention. Die Polizei in Oberösterreich habe seit Herbst 2024 genau 649 Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Radikalisierungsprävention (Programm RE#work) in 48 Präventionsmaßnahmen erreicht.
„Wer sich für die Arbeit der Polizei in Oberösterreich ernsthaft interessiert, kennt auch die zahlreichen Maßnahmen im Kampf gegen Radikalisierung. Dieses Thema ist äußerst wichtig für uns“, betont Landespolizeidirektor Andreas Pilsl.
Die Frage nach der Zahl der bei der Polizei registrierten "Gefährder" aus dem radikal-islamistischen Bereich wurde nicht beantwortet.
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