Heuer steht in einer Eigenproduktion „Die Proletenpassion“ auf dem Programm. Der Text stammt von Heinz Rudolf Unger, die Komposition von Georg Herrnstadt und Willi Resetarits, der später als Ostbahn Kurti Kultstatus erreicht hat. Uraufgeführt wurde das Musikstück 1976 von der Polit-Rockband „Schmetterlinge“. Das politische Oratorium thematisiert Herrschaftsstrukturen und soziale Fragen der europäischen Neuzeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, schildert die Geschichte des Proletariats und seiner Revolutionen. Der Geschichtsschreibung der Herrschenden wird die Geschichte der Beherrschten entgegengestellt.
Wie Maden im Speck
„Geschichte wird von unten erzählt“, sagt Regisseurin Ottilie Klinger. Es sei ein politisches Stück, in dem es um grundsätzliche Fragen geht: „Was haben unsere Vorfahren erkämpft, und welche Opfer haben sie dafür gebracht? Was können Menschen erreichen, wenn sie sich einig sind?“ Oder auf heute bezogen gesagt: „Wir leben wie die Maden Speck in Wohlstand und sind trotzdem unzufrieden.“ Bei aller Ernsthaftigkeit dieser Themen hat das Stück laut Klinger durchaus eine kabarettistische Note.
Der Spielraum versteht sich als Kulturvermittler in der Region mit Bildungsauftrag. Dementsprechend umfangreich und vielfältig ist das Jahresprogramm mit rund 60 Veranstaltungen verschiedener Genres und für alle Altersgruppen. Die Theatergruppe mit hohen Ansprüchen an sich selbst hält bereits seit 22 Jahren durch, Klinger ist ihr Kopf und Herz. Sie führt Regie, ist für die Besetzung der Rollen verantwortlich, für die Finanzen, auch für Stückauswahl. Dabei habe sie absolut freie Hand, erzählt sie, genieße volles Vertrauen. Wie ein Stück ankommen und ob es genug einspielen wird, sei nie die Frage, sagt Klinger: „Das ist schon eine hohe Qualität des Spielraums.“ Mit diesem Team zu produzieren, sei einfach eine Freude.
Dieses Mal besteht das Ensemble aus zwölf Sängerinnen und Sängern sowie einer Band unter Leitung von Sabine Nikolic. Die Akteure hinter der Bühne nicht zu vergessen. Die Geschichte des Kampfes um soziale Errungenschaften ist die eine Botschaft der „Proletenpassion“, dass dieses Ringen längst nicht zu Ende ist, die andere. Hierin liegt die ungebrochene Aktualität: Bei einem System, das sich beharrlich jeder Veränderung zum Besseren verweigert.
Ganz im Gegenteil, findet Klinger: „Die Reichen werden immer reicher, und die Armut bleibt.“ Darauf bezieht sich auch das Werbefoto zur Aufführung, für das die Gaspoltshofner Theaterleute den geheimnisvollen englischen Street-Art-Künstler Banksy zitieren. Der Bettler steht für das Proletariat von heute und deren Gesellschaftskritik. Er möchte nicht mit Almosen in Form von Münzen abgespeist werden, verlangt einen Systemwechsel.
Die Proletenpassion
Spielraum, Hauptstraße 47 4673 Gaspoltshofen; Premiere 31. 12., weitere sechs Aufführungen bis 12. 1. Eintritt: 14/18/20 Euro www.spielraum.at
Kommentare