Die Reißleine gezogen
Derart hartnäckige Beschwerden schlagen sich auf die Psyche, und die ist beim Tischtennis mindestens ebenso wichtig wie körperliche Fitness. Jetzt hat Sofia Polcanova die Reißleine gezogen und ihren Abschied von Linz AG Froschberg mit Ende der Saison bekannt gegeben.
Die gebürtige Moldawierin kam mit 14 nach Linz und spielte 15 Jahre lang für den Verein. 2022 gewann sie bei der EM in München Gold im Einzel und zusammen mit Bernadette Szöcs im Doppel. „Uns tut es natürlich leid um sie“, sagt Präsident Günther Renner. „Angesichts ihrer gesundheitlichen Probleme ist es aber durchaus verständlich.“
Sargnagel WTT
Renner sieht hinter der Entscheidung Polcanovas ein grundsätzliches Problem und macht das Übel fest: „Für die Vereine ist die WTT ein Sargnagel.“ WTT steht für World Table Tennis, die Organisation ist auf die Vermarktung geldträchtiger internationaler Turniere ausgerichtet und saugt die Besten ab. Wenn die Stars von einem Event zum nächsten hetzen müssen, bleibt für die Klubs immer weniger Zeit. Obendrein wird der Terminkalender eng.
Probleme für die Vereine
„Auf die Vereine kommen große Probleme zu“, befürchtet Renner. Von ihnen werde die Basisarbeit geleistet, doch werde es immer schwieriger, Top-Spielerinnen auszubilden und in der Folge zu halten. Renner sieht eine ähnliche Entwicklung wie im Tennis, wo das Vereinswesen in Österreich bedeutungslos geworden sei.
Für die 29-jährige Polcanova ist jedenfalls Entschleunigung angesagt. Die Vielbeschäftigte will sich in nächster Zeit auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris und die EM im Oktober in Linz. Dazu heißt es eifrig Punkte sammeln, und die gibt es eben bei den Top-Events. Aktuell liegt Polcanova mit 854 Punkten auf Platz 25 des Weltrankings; im Doppel rangiert sie mit Bernadette Szöcs (29) auf dem 13. und im Doppel mit Robert Gardos (45) auf dem 23. Platz.
Trainingslager in China
Zurzeit weilt Polcanova auf Trainingslager in China, wo die Allerbesten des Sports zu Hause sind. Von dort geht es direkt nach Südkorea zum WTT-Champions-Turnier in Incheon.
Nachfolgerin Erland
Ihre Abschiedsvorstellung auf dem Froschberg wird Österreichs Nummer eins voraussichtlich beim Bundesliga-Finale Ende April geben. „Es wäre schön, noch einen Titel zu holen“, sagt sie. Beim Verein hat bereits die Planung für die Post-Polcanova-Ära begonnen. Mit der 30-jährigen Niederländerin Britt Eerland glaubt der Verein, adäquaten Ersatz für die nächste Saison gefunden zu haben. Kontakte gab es bereits vor einigen Jahren, damals entschied sich Eerland jedoch für Berlin.
Das Team bleibt
Im Übrigen wird das Team gehalten. Die Thailänderin Suthasini Sawettabut (29) bleibt ebenso wie die Kroatinnen Ivana Malobabic (43) und Andrea Pavlovic (24) sowie die gebürtige Weißrussin und mittlerweile eingebürgerte Anastasia Sterner (19). Durchaus möglich, sagt Präsident Renner, „dass noch eine internationale Top-Spielerin den Weg nach Linz findet.“
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