Pflegeeltern: Ein schwerer Rucksack, mit Liebe getragen

Mann trägt Kind auf den Schultern
Martina und Jürgen Fridl aus Oberösterreich geben zwei Buben, die nicht ihre leiblichen Kinder sind, ein Zuhause. Pflegeeltern werden dringend gesucht.

Wenn Martina Fridl erzählt, ist schnell klar: Diese kleinen Buben hätten es nicht besser erwischen können. Seit drei Jahren sind die Oberösterreicherin und ihr Mann nun schon Pflegeeltern. Der Weg dorthin war ein weiter – auch weil der Kinderwunsch immer sehr groß war.

"Wir haben 10 Jahre lang versucht, schwanger zu werden – natürlich und in der Kinderwunsch-Klinik", erinnert sich Fridl an diese schwere Zeit. Als nach Gesprächen klar war, dass eine Adoption schwierig bis unmöglich werden könnte, entschied sich das Paar, sich genauer über die Pflegeelternschaft zu informieren.

"Es wird viel verlangt, aber das finde ich richtig so", sagt die 36-Jährige. Ärztliche und psychologische Atteste, ein Hausbesuch, Klärung der finanziellen Situation und ein Vorbereitungslehrgang, vorab Gespräche mit den leiblichen Eltern – das alles absolvierten die Fridls, bevor dann Anfang 2023 das erste Pflegekind nach einigen Treffen vorab einziehen konnte.

Als ob er immer da gewesen wäre

"Für meinen Mann war es sofort klar, er war schockverliebt in Tobias (Name von der Redaktion aus Datenschutzgründen geändert). Ich konnte, nach den vielen Rückschlägen beim Thema Kinderwunsch, anfangs nicht realisieren, dass mein größter Wunsch plötzlich in Erfüllung gehen sollte." Schon die ersten Tage hätten sich angefühlt, als ob der damals Dreijährige immer da gewesen wäre.

Mit zwei kleinen Säcken voller Habseligkeiten kommt der kleine Bub bei der Familie an, selbst nach Monaten steht er noch manchmal in seinem neuen Zimmer und fragte verwundert: "Meins?"

"Warum war ich nicht in deinem Bauch?"

Manchmal will er wissen: "Warum war ich nicht in deinem Bauch?" Reflektiert antwortet Martina Fridl: "Ich hätte dich gerne in meinem Bauch gehabt und gespürt, wie du in mir wächst. Jetzt bin ich dankbar, dass Mami dich geboren hat."

Mutter und Vater mit zwei kleinen Buben

Martina und Jürgen Fridl mit ihren beiden Buben

Mami, so nennt Tobias seine leibliche Mutter, die er circa ein Mal pro Monat sieht. "Ich habe großen Respekt vor dieser Frau. Sie liebt Tobias und steckt zurück, weil sie weiß, dass es ihm bei uns sehr gut geht."

Pflegekinder bringen oft große Rucksäcke und Traumata mit. Darauf werden Pflegefamilien vorbereitet. Nicht wenige Kinder brauchen verschiedene Therapien. Tobias bringt zum Beispiel große Verlustängste mit. Er möchte und kann nirgends anders als in seinem Zuhause schlafen, in den Urlaub zu fahren ist also schwierig.

Mittlerweile ist auch Felix bei den Fridls eingezogen. Er kam direkt nach der Geburt in einer Krisenfamilie unter und mit sechs Monaten zu seiner Pflegefamilie.

"Ich liebe Felix!"

Tobias wurde in die Entscheidung mit eingebunden. Er war beim ersten unverbindlichen Kennenlernen des Babys dabei. Sein Fazit gleich danach: "Ich liebe Felix!" Der ist mittlerweile zwei Jahre alt und natürlich gab und gibt es auch immer wieder Eifersucht und Konkurrenz, wie eben bei leiblichen Geschwistern auch.

Wenn man Martina Fridl fragt, was sie für die Buben empfindet, kommt sie ins Schwärmen: "Natürlich kann ich es nicht nachvollziehen. Aber ich bin mir sicher, ich hätte auch nicht mehr Liebe für leibliche Kinder. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als für diese beiden kleinen Menschen da zu sein."

Es braucht viel Liebe und viel Zeit

Nach wie vor kommen immer wieder Themen aus dem großen Rucksack hervor, den die Kinder aus ihrer Vergangenheit mitbringen. Manches wird sie ihr Leben lang begleiten. Sie entsprechend zu begleiten, braucht vor allem eines: Zeit. Aktuell ist Martina Fridl noch in Karenz und laufend in Teilzeit als Pflegemama angestellt. Im Jänner könnte sie in ihren Job als AMS-Beraterin zurückkehren, aber es gibt da einen großen Wunsch in der Familie, der sich jederzeit erfüllen könnte: Es ist alles bereit für ein Baby-Mädchen.

Kommentare