Pepi Bichl schickt sich an, seine zwei Weltmeistertitel zu verteildigen
556 Kilometer sind es von Trondheim an Norwegens Küste in die Hauptstadt Oslo. Josef Bichl hat die Strecke in 22 Stunden und 46 Minuten zurückgelegt – per Rad und in einem Stück, bei strömendem Regen und teils Temperaturen um null Grad. Der Mann aus Ottnang am Hausruck (Bez. Vöcklabruck) gewann in seiner Altersklasse, war sieben Stunden schneller als der Zweitplatzierte. Das Besondere daran: Bichl wird in gut einer Woche 76.
Sport war immer wichtig
Sport hat in Bichls Leben stets eine wichtige Rolle gespielt. Als Nordischer Kombinierer hat er es in Österreichs Nachwuchskader geschafft, Fußball war immer, später Laufen, schließlich ab Mitte 30 das Radeln. Sein erstes Rennen hat er sogleich gewonnen. Als der Prokurist des Entsorgungsunternehmens AVE in Pension ging, trat er nicht in sportlichen Ruhestand. „Ich muss jeden Tag aufs Rad“, sagt Bichl. Im Jahr kommt er auf rund 14.000 Kilometer. Radeln sei gut für Muskulatur und Gelenke. Auch sehe man viel von der Landschaft, die Geschwindigkeit reize ihn ebenfalls.
Crataegutt-Team
Bichl fährt für das aus sieben Senioren bestehende Crataegutt-Team. Der Name kommt vom Sponsor, einer Arzneimittelfirma. Unterstützung gibt es auch durch die Energie AG. Mit sechsmal Gold und zweimal Silber belegte das Septett im Vorjahr bei der UCI Grand Fondo Weltmeisterschaft in Sarajevo/Bosnien-Herzegowina Platz drei in der Nationenwertung. Bichl gewann zweimal Gold, im Zeitfahren und im Straßenrennen – seine bisher größten Erfolge neben einigen Landes- und Staatsmeistertiteln. Nummer eins im Ranking seiner größten Radsporterlebnisse ist das Race Across America, das er 2018 bestritten hat. In sieben Tagen ging es knapp 5.000 Kilometer quer durch die USA, von der West- zur Ostküste, von 34 Meter unter dem Meeresspiegel bis auf 3.000 in den Rocky Mountains.
Die größere Herausforderung sei allerdings das Race Around Austria, das Bichl im Vorjahr absolviert hat: „Die Berge sind hier um einiges härter.“ In nur drei Tagen waren 2.200 Kilometer und rund 30.000 Höhenmeter zu bewältigen, unter anderem der Großglockner. Doping ist für Bichl kein Thema: „Ich könnte mir das überhaupt nicht vorstellen“. Er schwört auf ausgewogene Ernährung mit vielen Kohlehydraten. Mit diesem Thema setzte sich Ehefrau Gerti (73) auseinander. Sie hat Verständnis für seine zeitaufwendige Leidenschaft. Die versucht der nimmermüde Senior als Sportreferent der SPÖ-Ortsgruppe anderen zu vermitteln. Außerdem war der Sohn eines Bergmanns zehn Jahre Obmann der Bergknappenkapelle Holzleithen. Dass die Extremradlerei zulasten der Gesundheit gehen könnte, glaubt Bichl nicht. Zweimal im Jahr suche er den Internisten auf, dessen Rat laute stets: „Übertreib’ nicht zu viel!“ Dennoch gehe er im Training immer wieder an Grenzen. Abgesehen von etwas Muskelkater fühle er sich danach rundum wohl. Von Stürzen und schweren Verletzungen ist der Hausruckviertler bis dato verschont geblieben.
20 km bergauf
Das nächste Highlight steht bevor. Am 18. September möchte Bichl bei der WM in Trentino/Südtirol seine beiden Titel behaupten. Die Strecke hat er bereits besichtigt. Zweimal ist der Monte Bondone zu bezwingen, 20 Kilometer geht es nur bergauf. „Das wird ein beinhartes Rennen.“
Seine Durchhaltedevise über lange Distanzen: „Immer positiv bleiben, nach vorne schauen und sich selbst sagen: ‚Pepi, Radl fahren!‘“
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