Unter seiner Regie hat der 1920 gegründete Klub soeben zum ersten Mal die Staatsmeisterschaft gewonnen – im Jahr eins nach dem Aufstieg in die Bundesliga. Obendrein haben sich die Linzer, ebenfalls ungeschlagen, den Titel im Mannschafts-Blitzschach gesichert.
Das doppelte Meisterstück konnte freilich nicht aus eigener Kraft gelingen, der aus 18 Spielern bestehende Kader besteht zu gut zwei Dritteln aus Profis.
Allesamt Großmeister
Sie sind allesamt Großmeister und gehören zu den Top 100 der Weltrangliste. Sich solcherart zu verstärken ist laut Stöttinger in Österreich gängige Praxis: „Auch unsere Mitbewerber treten im Prinzip mit einer Nationalmannschaft an.“
So setze man in Kärnten auf Kroaten, in Tirol auf Deutsche, in der Steiermark auf Serben. Die Linzer haben bei der Personalrekrutierung offenbar viel Geschick bewiesen, der Kader wurde mit Bedacht zusammengestellt: eine bunte Truppe, aber kein wahllos zusammengewürfelter Haufen.
Wichtig sei nicht zuletzt auch die Stimmung im Team, weiß Stöttinger: „Sie wollen mit keinem zusammenspielen, den sie nicht mögen.“ Darum achte man darauf, dass die Geselligkeit nicht zu kurz kommt. Die Besten stehen bei mehreren Vereinen unter Vertrag und sind bei Turnieren vielfältig engagiert, sollen sich darum in Linz besonders wohlfühlen.
Das Herz des Teams bildet ein französisches Trio: Blitzschach-Weltmeister 2021 Maxime Vachier-Lagrave (32), Junioren-Vizeweltmeister 2004 Jules Moussard (28) sowie Etienne Bacrot (40), der 1997 mit 14 Jahren bis dahin weltweit jüngste Großmeister.
Internationales Team
Dazu kommen die beiden Russen Andrey Esipenko (21) und Kirill Alexkseenko (25) sowie der aus Lettland stammende und jetzt unter aserbaidschanischer Flagge spielende dreifache Europameister Arkadij Naiditsch (37).
Und dann ist da noch der Juniorenvizeweltmeister 2018, Parham Maghsoodloo. „Unsere große Entdeckung“, sagt Stöttinger: „Er ist ein Superkiller, der alles aus dem Weg geräumt hat.“ Der 22-jährige Iraner hat die Einzelwertung in der Meisterschaft überlegen gewonnen.
Maghsoodloo fühle sich in Oberösterreich sehr wohl, nicht zuletzt, weil ihm die Kost hier sehr schmecke. Die ihm eigene Welt beschreibt der Präsident so: „Außer essen, schlafen und Schachspielen macht er nicht viel.“ „Unsere Mannschaft war objektiv die beste“, ist Stöttinger überzeugt. Dennoch habe es an Konstanz gemangelt.
Schach wird im Sitzen verrichtet, spielt sich im Kopf ab, fordert weitaus mehr die Psyche als die Physis. So hätten anfangs die Russen aufgrund nervlicher Belastung wegen des Ukraine-Kriegs total ausgelassen, erzählt der Präsident: „Das hätte uns fast die Meisterschaft gekostet.“
Der Kader wird verbreitert
Deshalb soll der Kader jetzt verbreitert, da und dort verbessert werden. Über Gagen mag der 44-jährige Meisterpräsident nicht reden, soviel nur: „Sie sind mit Fußball nicht zu vergleichen.“
Mit dem Titelgewinn als Referenz sollen Sponsoren gewonnen werden. Bis dato habe er beim Aufbau des Erfolgsteams „relativ viel vorgestreckt“, sagt Stöttinger, der in Linz eine Werbeagentur betreibt: „Aber mittelfristig kann ich den Verein nicht mehr oder weniger allein finanzieren.“
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