Neue Aschefunde enthüllen dunkle Geheimnisse von NS-Anstalt Hartheim

Schloss Hartheim - von 1940-1944 eine von sechs Tötungsanstalten der NS-Euthanasie, in der nahezu 30.000 Menschen ermordet wurden. Und noch immer sind längst nicht alle Gräueltaten der Nazis in dem Schloss in Alkoven nahe von Linz restlos geklärt.
Im Schloss Hartheim, das heute ein Gedenkort für Nazi-Opfer ist, wurden Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen, teils Bewohnerinnen und Bewohner von Psychiatrien und Pflegeheimen, teils arbeitsunfähige KZ-Häftlinge aus den Lagern Mauthausen, Gusen, Ravensbrück und Dachau sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, getötet.
Aschefeld mit menschlichen Überresten
Nun wurde am bislang nicht untersuchten Nordseite der ehemaligen Euthanasieanstalt ein großflächiges Aschefeld verbrannter menschlicher Überreste entdeckt. In circa einem Meter Tiefe wurde bei Bohrungen eine mehrere Zentimeter dicke Schicht an menschlicher Asche und Knochenresten mit einem Umfang von 458,5 Quadratmetern festgestellt.
Der für die Kriegs- und Opfergräberfürsorge zuständige Innenminister Gerhard Karner unterstreicht die Aktualität der Funde: „Die Aschefunde in Schloss Hartheim zeigen deutlich, dass auch 80 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus längst nicht alle tragischen Überreste aus dieser Zeit bekannt sind.“

Thomas Stelzer, oberösterreichischer Landeshauptmann, ergänzt: „Die Gräueltaten des NS-Regimes restlos aufzuarbeiten, ist nicht nur unsere Pflicht, sondern unser Bestreben."
Alles restlos zu erforschen sei Voraussetzung für ein würdevolles Andenken an die Opfer, so Stelzer.
"Erkenntnisse mit großer Bedeutung"
Florian Schwanninger, Leiter des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim, zu den neuen neuen Erkenntnissen: „Die vorliegenden Ergebnisse sind von großer Bedeutung sowohl für das Gedenken an die Ermordeten sowie für die Forschungsarbeit in Hartheim."

Man werde die neu entdeckten Flächen mit den menschlichen Überresten in das würdevolle Gedenken einbeziehen: "Ziemlich genau 80 Jahre danach bieten uns die neuen Erkenntnisse auch wichtige Informationen zu den Versuchen der Täter, die Spuren ihrer Verbrechen in Hartheim zu beseitigen.“

Die Euthanasie-Anstalt
In Schloss Hartheim, Alkoven in Oberösterreich, wurden von Mai 1940 bis November 1944 etwa 30.000 Menschen in einer Gaskammer ermordet. Bereits in den Jahren 2001 und 2002 wurden bei Grabungen menschliche Überreste der Ermordeten, sowie persönliche Gegenstände und weitere Objekte aufgefunden, welche damals in einer Friedhofsanlage an der Ostseite des Schlosses bestattet wurden.
Aufgrund Aussagen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Luftbildaufnahmen bestand der Verdacht, dass auch an der Nordseite und an angrenzenden Flächen weitere menschliche Überreste in Gruben vorhanden seien.
Bodenradar wurde fündig
Im Auftrag des für die Kriegs- und Opfergräberfürsorge zuständigen Bundesministerium für Inneres bzw. des in mittelbarer Bundesverwaltung betroffenen Landes Oberösterreich wurden dort im Dezember 2024 geophysikalische Untersuchungen (Bodenradar) durchgeführt und konkrete Verdachtsflächen festgestellt.
Die Untersuchung erfolgte mit Unterstützung des im Auftrag der deutschen Bundesregierung arbeitenden Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, mit dem das Innenministerium kooperiert.
Anfang März 2025 wurden innerhalb dieser Verdachtsflächen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien Bohrungen durchgeführt, um zu evaluieren, ob sich in diesen Verdachtsflächen menschliche Überreste befinden.
Die Bohrungen haben ergeben, dass sich auf einer Fläche von 458,5 Quadratmetern in einer Tiefe von circa 80 bis 150 Zentimeter Überreste menschlicher Asche und vereinzelt Knochen befinden. Die Funde werden nun aufgearbeitet und sollen in den Gedenkort integriert werden.
8.000 Funde ausgewertet
Am 21. März werden in Schloss Hartheim überdies die Gegenstände präsentiert, die am Areal von Schloss Hartheim 2001-2002 im Zuge mehrerer Lehrveranstaltungen unter der Leitung von Claudia Theune von der Universität Wien vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie (Universität Wien) gefunden wurden.

Dabei handelt es sich um unterschiedliche Alltagsgegenstände. In Summe wurden rund 8.000 Objekte gehoben. Nachdem bisher Fundgruppen zu den Bereichen „Medizin“, „Tassen und Häferl“, „Körperpflege und Hygiene“ bearbeitet wurden, stehen nun „Objekte mit religiösem Hintergrund“ wie Rosenkränze, Kreuzanhänger, Heiligenanhänger, Pilgerzeichen sowie ein Objekt mit einem Davidstern, Schmuck sowie andere persönliche Gegenstände im Fokus.
Man geht in der Forschung davon aus, dass ein Großteil dieser Objekte aus dem Besitz der Menschen stammt, die in Hartheim ermorden wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stellen die Studierenden am Freitag, 21. März 2025 ab 10:00 im Saal des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim vor.
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