Vor Gericht: "Ich habe meinen Vater nicht erwürgt"

Zwei Männer müssen sich vor Gericht verantworten
43-Jähriger soll am Faschingsdienstag seinen Vater ermordet haben. Einstimmiger Spruch der Geschworenen: 18 Jahre Haft (nicht rechtskräftig).

Zögerlich betritt der 43-Jährige am Dienstag den Gerichtssaal im Landesgericht Steyr. Die zwei Justizwachebeamten links und rechts von ihm weisen ihn in Handschellen zu seinem Platz. Auch wenn dem Angeklagten die Blitzlichter der Pressefotografen sichtlich unangenehm sind: Als er auf der Anklagebank sitzt, scheint dies vergessen. Gleich zu Beginn stellt der 43-Jährige klar: „Ich bekenne mich zur Anklage nicht schuldig. Zum Totschlag bekenne ich mich schuldig.“ Ein Geständnis, das er im Laufe der Verhandlung noch des Öfteren erklären muss.

Zuvor verliest die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift: Am Faschingsdienstag dieses Jahres soll der Mann am Abend aus Linz in das elterliche Wohnhaus nach Enns (Bezirk Linz-Land) gefahren sein und dort seinen 78-jährigen Vater erwürgt haben. Grund für die Tat sei ein Streit über die Betreuung der dementen Mutter gewesen.

"Massive, erhebliche Gewalt"

Als der Vater sich von ihm weggedreht habe, „fasste er ihn an der Schulter, drehte ihn zu sich und drückte zu“, beschreibt der Staatsanwalt das mutmaßliche Verbrechen. „Die Kehlkopfhörner wurden gebrochen und es kam zu Staublutungen in den Augen“, zitiert er das gerichtsmedizinische Gutachten. Der Sohn wandte „massive, erhebliche Gewalt an“ – und das mit bloßen Händen.

Der Angeklagte bestreitet das aber: „Ich habe ihn nicht erwürgt.“ Der Vater habe ihn zuerst am Hals angegriffen, er habe sich mit den Ellbogen aus dem Griff befreit, woraufhin sein Vater ihn am Kehlkopf gezogen hätte. Er hätte daraufhin mit Fäusten auf den Hals eingeschlagen. „Bei der Einvernahme war keine Rede von Faustschlägen, sondern das sie ihn mit beiden Händen gewürgt und so zu Boden geführt hätten. Sie erzählen heute eine ganz andere Geschichte“, macht ihn daraufhin die Richterin aufmerksam.

Die Beamten hätten das falsch aufgenommen. Es könne schon sein, dass er ihn beim Streit beim Hals genommen hat – „So genau weiß ich das aber nicht mehr“, antwortet der Angeklagte, der damals „im berauschten Zustand“ war. Immer wieder redet sich der Angeklagte beim Tathergang in einen Wirbel, immer wieder muss die Richterin nachfragen.

Narzisstisches Verhalten

Bevor sich die Geschworenen zur Urteilsfindung zurückziehen, schildert noch der Gerichtsmediziner den Tathergang. Angesichts der vielen massiven Verletzungen am Hals sei das Opfer „mit ganz erheblicher Intensität gewürgt worden“ Nachdem am Tatort ein Gymnastikband vorgefunden worden war, konnte der Gutachter nicht ausschließen, dass der Täter sein Opfer auch gedrosselt habe.

Auf Nachfrage seines Verteidigers versicherte der Angeklagte daraufhin: „Es tut mir leid, dass mein Vater gestorben ist.“

Die psychiatrische Gutachterin war am Wort: Demnach soll der Angeklagte, der während der Verhandlung seinen Vater als „Narzisst“ bezeichnete, selbst ein narzisstisches Verhalten an den Tag legen und die Schuld immer bei anderen suchen. Er sei jedoch zurechnungsfähig.

Der einstimmige Wahrspruch der Geschworenen fiel kurz vor Redaktionsschluss: 18 Jahre Haft, nicht rechtskräftig.

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