Nötigung auf Klassenfahrt: Diversion für 5 Gymnasiasten

Kollegium Aloisianum
Mitschülerin eingesperrt, bedroht und festgehalten: Diversion und keine Strafe für die Burschen.

Es ist ein riesiger Rummel am Freitagmorgen am Landesgericht in Linz. Kurz vor Prozessbeginn muss aufgrund des großen Interesses sogar der Verhandlungssaal gewechselt werden. Auch zwei Schulklassen sind anwesend und verfolgen die Verhandlung.

In der ersten Reihe sitzen jene fünf Burschen, alle 16 und 17 Jahre alt, die der Nötigung angeklagt sind. Vier der fünf sind mittlerweile nicht mehr im Linzer Privatgymnasium Aloisianum, einer ist nach wie vor mit dem Opfer in der Klasse.

Bei einer Studienreise im April 2024 nach Assisi sollen fünf Burschen eine Mitschülerin in ein Hotelzimmer getragen haben, die Zimmertür zugesperrt, sie dort auch bedroht und gegen ihren Willen festgehalten haben. Außerdem sollen sie das Mädchen gezwungen haben, ihnen den Rücken auszuknacksen. Sie habe das aufgrund der Übermacht dann schließlich auch gemacht.

Im Zuge dieser Vorkommnisse soll das Mädchen mehrmals gefordert haben, sie zu freizulassen. Zum Schluss habe ihr einer der Angeklagten ein Bein gestellt, ihr angedroht, sie in den Schrank zu sperren und erst rauszulassen, wenn sie einem der anwesenden Burschen „den Hintern auswische“, wie die Staatsanwaltschaft ausführt.

Zwei übernehmen die Verantwortung

Die Eltern der jungen Männer haben in der zweiten Reihe hinter ihren Söhnen Platz genommen, es wird Wasser gereicht, es werden letzte, ermutigende Worte gewechselt.

Nach Verlesung des Strafantrags und der Statements der Verteidiger bekennen sich drei der Angeklagten als „nicht schuldig“, zwei übernehmen die Verantwortung. Der Privatbeteiligtenvertreter fordert drei Mal 450 Euro Behandlungskosten und 1500 Euro Schmerzengeld für das Opfer.

Der Richter macht gleich zu Beginn klar: „Für mich ist das eine Verhandlung wie jede andere. Es ist mir völlig egal, ob eure Eltern Bauarbeiter, Anwälte, Ärztinnen sind oder am Fließband arbeiten.“ Es sei auch irrelevant, wie andere den Sachverhalt bisher beurteilt haben, so der Richter: „Mein Maßstab ist das österreichische Strafrecht.“

Emotionale Verteidigung

Die Verteidiger argumentieren emotional, besonders jener eines Angeklagten, der der Sohn eines bekannten Linzer Unternehmers ist: „Meine Mutter war Lehrerin, meine Frau ist Lehrerin. Alle sind sich einig: Wenn das wirklich strafbare Handlungen sind, sind halbe Schulklassen strafbar.“

Der Angeklagte habe sich auch am Tag danach bei der Mitschülerin entschuldigt. Der Sohn werde ab sofort am Samstag und in den Ferien im Geschäft seiner Eltern arbeiten, um die 450 Euro Behandlungskosten für die psychische Betreuung des Opfers selbst abdecken zu können.

Die Angeklagten erzählen, dass sie am Tag danach sofort durch die Lehrer abgesondert worden seien, dass es die Order gab, nicht mehr mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen. Alle hätten sich danach sofort entschuldigt. Trotzdem wurden sie heimgeschickt und mussten die Schule verlassen.

„Wäre hier mit dem richtigen Augenmaß vorgegangen worden, hätte es ein Gespräch zur Klärung der Vorfälle gegeben. Aber wir wären niemals hier vor Gericht“, argumentiert einer der Verteidiger.

Am Nachmittag wurde die Zeugin unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt.

Keine Strafe für die Burschen

Die Burschen kamen um Verurteilung und Strafe herum, der Richter bot eine Diversion an: Da es noch im Gerichtssaal es zu einer finanziellen Teilschadensgutmachung gekommen sei und sich zudem alle beim Opfer entschuldigt hätten, sei dem "Tatausgleich nachgekommen" worden.

Das Verfahren wurde rechtskräftig eingestellt.

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