Neue Spritze gegen Herzinfarkt

Primar Clodi spritzt dem 59-jährigen Patienten den neuen Wirkstoff
Der 59-jährige Linzer hat wegen seiner extrem hohen Cholesterin-Werte bereits im Jahr 2000 einen Herzinfarkt erlitten, er hat mehrere Bypässe und bekam 2022 ein neues Herz. Seit 2001 muss er einmal in der Woche zur Blutwäsche. Nun setzt Primar Martin Clodi mit einer Spritze auf ein weltweit einmaliges Produkt.

Ein hoher Cholesterinspiegel zählt zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Nicht nur hohe Werte des LDL-Cholesterins (LDL = Low Density Lipoprotein, kurz LDL-C) steigern dieses Risiko. Bereits seit den 1970er Jahren weiß die Medizin von einem ähnlich aggressiven Molekül im Körper – dem Lipoprotein (a), ein Fettstoffwechselparameter, der als starker Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gilt. Rund 15 bis 20 Prozent aller Österreicher sind davon betroffen. Extrem hohe Werte können derzeit nur mit einer speziellen Blutwäsche gesenkt werden. Doch diese kann nicht bei jedem Patienten eingesetzt werden. Die Hoffnung liegt nun bei einem neuen Medikament.

Drei Studien zu vielversprechendem Medikament

Primar Martin Clodi leitet die Abteilung für Innere Medzin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz, er ist auch Präsident der österreichischen Diabetesgesellschaft. „In unserer Diabetes- und Stoffwechsel-Ambulanz haben wir elf Patienten, die diese spezielle Blutwäsche benötigen", erläutert Clodi. "Der Betroffene ist einer von ihnen. Er hat bereits mehrere Herzinfarkte erlitten, mehrere Stents gesetzt bekommen und schlussendlich auch eine Herztransplantation benötigt. Leider sind aufgrund der Erkrankung seine Gefäße in einem Zustand, der eine weitere Blutwäsche unmöglich macht. Da bei uns einzigartig in Österreich gerade drei Studien zu einem neuen Medikament laufen, haben wir nun bei den Pharmafirmen angefragt, ob wir das in den Studien eingesetzte Medikament ausnahmsweise bereits bei diesem Patienten auch außerhalb der noch nicht abgeschlossenen Studien verwenden können. Eine der Firmen hat sich bereit erklärt, in einem sogenannten „Managed Access Program“ ihr Präparat für diesen Patienten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dies ist seine letzte Option.“

Start am 9. Juli

Am 9. Juli wurde das Medikament bei den Barmherzigen Brüdern Linz erstmalig weltweit eingesetzt. „Wir hoffen, dass es sehr effektiv ist und dass es diesem Patienten einen Benefit bringt und wir hoffen natürlich auch, dass die derzeit laufenden Studien positiv verlaufen“, so der Primar.

Trotz Sport und gesunder Ernährung

Auch der 59-jährige Linzer sieht positiv in die Zukunft: „Trotz Sport und gesunder Ernährung hatte ich 2000 meinen ersten Herzinfarkt, ich bekam mehrere Bypässe und 2022 ein neues Herz, trotzdem musste ich seit 2001 einmal in der Woche zur Blutwäsche. Ich hoffe sehr, dass das neue Medikament meine Gefäßerkrankung stoppt.“ Was wäre sein größter Wunsch? „Wenn die Therapie wirkt kann ich vielleicht wieder Ski fahren oder wenigstens wieder mit unserem Hund spazieren gehen.“

Problem Lipoprotein

Erhöhte Cholesterinwerte – im Speziellen das LDL-Cholesterin – sind extrem schädlich für die Gefäße. Bei der Therapie des LDL-Cholesterins konnte die Medizin in den vergangenen Jahren große Fortschritte erreichen. Das Senken des LDL- Cholesterins führt zu einer deutlichen Reduktion von Ereignissen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und weiteren Gefäßerkrankungen und damit auch zu einer Reduktion der Sterblichkeit. Zur LDL-Senkung gibt es mittlerweile seit mehreren Jahren verschiedene sehr gut etablierte Medikamente.

Werte messen lassen

Es gibt jedoch ein ähnlich aggressives Molekül im Körper: das Lipoprotein. „Dieser Parameter wurde bisher nicht regelmäßig bestimmt, da wir einerseits noch zu wenig über seine gefäßschädigende Natur wussten und andererseits auch keine Medikamente zur Verfügung standen, mit denen man diesen Parameter behandeln könnte. Studien haben jedoch gezeigt, dass hohe Spiegel von Lipoprotein ähnlich schädigend wirken wie das LDL-Cholesterin. Je höher der Lipoprotein-Wert ist, desto höher ist das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit zu bekommen und die Werte können leider nicht mit Sport oder einer Ernährungsumstellung gesenkt werden. Ich empfehle daher jedem dringend, so früh wie möglich seinen Lipoprotein-Spiegel messen zu lassen. “, erklärt Primar Clodi. 

Genetisch vorgegeben

Eine einmalige Bestimmung reicht in der Regel aus, da dieser Wert genetisch vorgegeben ist und sich im Verlauf nicht wesentlich verändert. Bei manchen Patienten ist das Lipoprotein derart aggressiv, dass es bei diesen zu deutlich vorzeitigen Herz-Kreislauf-Ereignissen führt. Nur mit Hilfe einer Blutwäsche, die einmal pro Woche durchgeführt werden muss, können die Werte effektiv gesenkt werden. Die Barmherzigen Brüder Linz bieten diese seit Anfang der 2000er an.

Blutwäsche könnte überflüssig werden

Neue Medikamente könnten die Blutwäsche jedoch überflüssig machen. Bei den Barmherzigen Brüdern Linz laufen seit zwei Jahren drei verschiedene Studien mit Medikamenten, die den Lipoprotein-Spiegel effizient senken können. Dabei werden Patienten und Patientinnen, die schon einen Herzinfarkt oder Schlaganfall (oder eine andere Gefäßerkrankung) haben, untersucht, ob die Senkung des Lipoprotein einen Benefit bringt. Diese Medikamente müssen zwei Mal im Monat bis einmal im halben Jahr mit einer Spritze verabreicht werden.

 

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