Nächstes Ziel sind 70 Meter: „Sind schon ziemlich weit“

Lukas Weißhaidinger mit seinen Trainern Gregor Högler und Josef Schopf (re.)
Josef Schopf. Der Leichtathletiktrainer aus Münzkirchen hat Lukas Weißhaidinger, Österreichs besten Diskuswerfer, über Jahre behutsam aufgebaut.

„Kann ich einmal Olympiasieger oder Weltmeister werden?“ „Lass dir ein bisschen Zeit. Jetzt fangen wir einmal an und dann sehen wir weiter.“ Dieser Dialog ereignete sich 2005. Die kühne Frage stellte ein gut 13-Jähriger namens Lukas Weißhaidinger, der sein sportliches Talent mit einem kräftigen Stoß mit der Kugel demonstrierte. Die Antwort gab Josef Schopf, Leichtathletiktrainer im Turnverein Münzkirchen im Bezirk Schärding.

Konsequent trainiert

Er nahm den Burschen unter seine Fittiche, unter zwei Bedingungen: Lukas müsse alles vergessen, was er sich bisher angeeignet hatte; und er müsse dreimal in der Woche zum Training kommen. Der junge Mann mit den hochgesteckten Zielen versprach beides und hielt sich konsequent daran. „Bis heute hat der Luki kein einziges Training verpasst“, sagt Schopf. Und so begann ein Erfolgskapitel österreichischer Leichtathletikgeschichte, das längst nicht zu Ende geschrieben ist. Weißhaidinger eroberte heuer bei der Europameisterschaft in Berlin im Diskuswerfen die Bronzemedaille und ist in der Weltspitze angekommen.

Josef Schopf hatte während seiner Gymnasialzeit in Wien die Leichtathletik für sich entdeckt. Zurück im Innviertel, engagierte er sich im örtlichen Turnverein. Er knüpfte Kontakte nach Sachsen, holte sich dort fachlichen Rat, bildete sich weiter und absolvierte die deutsche Trainerausbildung. „Aber ohne praktische Erfahrung nützt dir die ganze Theorie nichts“, ist er überzeugt. „Der Lukas hat sich in den Wurfdisziplinen extrem schnell entwickelt“, erzählt Schöpf von den Anfängen und hat die exakten Daten dazu parat. Von 15,96 Metern mit der 4-Kilo-Kugel 2006 über 17,76 Meter im Jahr darauf bis 20,35 Meter mit der 5-Kilo-Kugel 2009 – und immer so weiter.

Anfangs zweigleisig

Anfangs fuhr Weißhaidinger zweigleisig, 2013 entschied er sich für den Diskus. „Es war die richtige Entscheidung“, wusste Schöpf schon damals.

In den ersten Jahren fuhren die Eltern den Sohn aus dem rund 15 Kilometer entfernten Taufkirchen an der Pram zum Training nach Münzkirchen. Mit 16 bekam Lukas ein Moped. Er machte im Maschinenbaubetrieb des Vaters die Lehre, am Abend war nicht Freizeit, sondern Sport. Aus drei Trainingstagen wurden fünf, und dank harter Arbeit flog auch der Diskus immer weiter, bis hin zum aktuellen österreichischen Rekord von 68,98 Metern, aufgestellt vergangenen Mai in Rehlingen (Deutschland). Dazwischen lagen ungezählte Stunden harter Arbeit. Zwischen den beiden entwickelte sich über die Jahre so etwas wie ein Vater-Sohn-Verhältnis. „Ich habe alles in den Aufbau von Lukas investiert“, sagt der Sepp, als der er in der Szene bekannt ist. Weil der Sommer Wettkampfhochsaison ist, gab es zwölf Jahre keinen gemeinsamen Urlaub mit Ehefrau Gerti. Er weiß, was sie für seine Leidenschaft Leichtathletik geopfert hat: „Eine andere Frau wäre vielleicht schon weg.“

Nun in der Südstadt

Mittlerweile trainiert Weißhaidinger bei Gregor Högler im BSFZ Südstadt in Maria Enzersdorf. Er finde dort „sensationell gute Möglichkeiten“ vor, bekomme auch beste medizinische und physiotherapeutische Betreuung, ist das für Schopf der richtige nächste Schritt. „Das war eine Entscheidung pro Lukas“, sieht er sich keineswegs beiseitegeschoben.

Mit Rat und Tat

Schließlich sei er 65 und Weißhaidinger könne noch zehn Jahre Spitzensport betreiben. „Wer weiß, ob ich so lange gesund bin“, sagt der pensionierte Zöllner. Er ist ohnehin mit Rat und Tat zur Stelle, wenn Weißhaidinger daheim im Innviertel ist. Im Bauernhof seines Bruders in Pfaffingdorf wurde vor Jahren an die Scheune eine Trainingshalle angebaut. Die kann mittels Rolltor geöffnet werden, was Würfe hinaus ins Freie erlaubt. Im Winter wird der Diskus indoor in ein Netz geschleudert. „Das war der Einstieg zur Qualifikation für Rio“, sagt Schopf. Dort, bei den Olympischen Spielen 2016, wurde Weißhaidinger Sechster. Allerdings mussten für diese Investition 40.000 € aufgebracht werden. „Ich habe mir fast die Füße wund gelaufen“, erinnert sich Schopf an die Betteltour quer durch die Region. Mit Hilfe vieler Sponsoren und Unterstützer konnte der Bankkredit abgestottert werden. Die Mühe hat sich gelohnt, Weißhaidinger schaffte den Sprung in die internationale Elite.

Trainermangel

Genau hier ortet Josef Schopf ein generelles Problem. Wie sich soeben bei den Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires wieder gezeigt habe, mangle es in Österreich nicht an vielversprechendem Nachwuchs. Für den brauche es jedoch in weiterer Folge hauptberufliche Trainer, die praktisch rund um die Uhr zur Verfügung stehen. „Es bringt nichts, wenn ich nur guten Nachwuchs habe, aber die weiterführende professionelle Betreuung fehlt.“ Das ist für Schopf der Grund, dass es in Österreich zwischen 18 und 20 Jahren eine sehr hohe Dropout-Rate gibt.

Ehrgeizig, zielstrebig, willensstark, bodenständig – so beschreibt Josef Schopf seinen Schützling. Er traut ihm jedenfalls zu, demnächst die 70-Meter-Marke zu überbieten. Ob sich sein Anfangstraum vom Olympiasieg oder WM-Titel erfüllt, hänge von vielen Faktoren ab.

Ziel erreichen

Nicht zuletzt von der Konkurrenz, die auch nicht schlafe. Und es könne immer nur einer Erster werden. „Aber“, sagt Schopf, „wir sind schon ziemlich weit und wollen dieses Ziel erreichen.“

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