Nach Rad-Debakel in Linz: Nibelungenbrücke soll Chefsache werden

Nach Rad-Debakel in Linz: Nibelungenbrücke soll Chefsache werden
Linzer SPÖ-Bürgermeister Prammer will ein Gipfelgespräch mit Landeshauptmann Stelzer (ÖVP) zur Nibelungenbrücke.

Das nach einer Woche verkündetet Aus für einen Teil des Radwegprovisoriums auf der Nibelungenbrücke in Linz schlägt weiter große Wellen. Nachdem zuerst SPÖ-Klubobmann Stefan Giegler mit Attacken gegen den Linzer ÖVP-Verkehrsstadtrat Martin Hajart ausgeritten ist, schaltet sich jetzt auch SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ) ein. 

Auch er zeigte sich "überrascht vom kurzfristigen Teil des Radprovisoriums", wie er am Mittwoch mitteilte. Der Argumentation, es gehe um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, könne er zwar etwas abgewinnen, "aber ich hatte immer den Eindruck, dass wir genau deshalb eine bessere, sicherere Lösung für Radfahrerinnen und Radfahrer benötigen", sagt Prammer. 

Der Linzer ÖVP-Verkehrsstadtrat Martin Hajart (ÖVP) und der FPÖ-Verkehrslandesrat Günther Steinkellner haben den Abbruch des von Radfahrexperten als guten Schritt bezeichneten Projekts nach nur einer Woche angekündigt - und zwar mit dem Verweis auf "97 brenzlige Situationen" im Verkehr auf der Nibelungenbrücke. Diese gab es allerdings zwischen motorisierten Verkehrsteilnehmern und der Straßenbahn.

"Überhastetes Provisorium"

Die seit 7. April eingerichtete Lösung bezeichnet Prammer heute als "überhastetes Provisorium". Allerdings wurde daran monatelang - auch mit Wissen des neuen Linzer Stadtchefs - geplant. Und es wurde im Herbst noch um Monate verschoben, um dieses so heikle und wichtige Radprojekt aus dem Bürgermeisterwahlkampf herauszuhalten. 

In der Vorbereitung der Pendlerinnen und Pendler auf die neue Situation ist allerdings nichts passiert. Weder das Land noch die Stadt haben die für Projekte dieser Dimension nötigen begleitenden Kommunikationsmaßnahmen in die Wege geleitet.

Die Verantwortung dafür schiebt Prammer Hajart und Steinkellner zu: "Wenn Kommunikation und Abstimmung so schlecht laufen wie hier, dann gefährden wir das Vertrauen der Menschen in die Lösungskompetenz der Politik." Er wolle gerade jetzt am Versprechen festhalten, "die sanfte Mobilität zu stärken – aus klimapolitischer Verantwortung und im Interesse der Lebensqualität unserer Stadt."

Nibelungenbrücke wichtig wie Stadtregionalbahn

Dem Radverkehr in der Stadt misst Prammer dabei jene Bedeutung zu, die die Regionalstadtbahn hat und will eine abgestimmte übergeordnete Radlösung für die Nibelungenbrücke mit Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ausverhandeln, das Thema zur Chefsache machen und Stelzer um eine Gesprächsrunde im Stil der Stadtbahngespräche bitten: "Schließlich ist er als Eigentümervertreter der Nibelungenbrücke und als Finanzreferent in der Pflicht, wenn es um grundlegende bauliche Maßnahmen geht." 

Und Stelzer habe mit Landesbaudirektor Pöcheim bei der Stadtbahn gezeigt, dass scheinbar unlösbare Konflikte durch konstruktive Zusammenarbeit aufzulösen seien.

Stelzer hingegen sieht grundsätzlich die Zuständigkeiten klar verteilt: "Es gibt Verkehrsreferenten in Stadt und Land, die Lösungen finden müssen. Aber natürlich bin ich immer zu konstruktiven Gesprächen bereit." Dass es im Vorfeld der Rücknahme des Provisoriums Gespräche zwischen ihm und Hajart gegeben hat, bestätigte das Büro Stelzers, die Lösung hätte Steinkellner und Hajart dann aber gemeinsam gefunden.

Nach Rad-Debakel in Linz: Nibelungenbrücke soll Chefsache werden

Grüne wollen Provisorium retten

Noch nicht ganz aufgegeben haben die Grünen das Radwegprovisorium. Mit einem Dringlichkeitsantrag soll sichergestellt werden, dass die Testphase zumindest bist Jahresende verlängert wird. "Den Radstreifen nach einer Woche wieder aufgeben zu wollen, ist absurd", findet Klubobmann Helge Langer. In dieser kurzen Zeit seien weder eine seriöse Evaluierung noch eine ernsthafte Bewertung der Veränderung der Verkehrssituation möglich: "Dass Vizebürgermeister Hajart und Landesrat Steinkellner auf Kosten des Radverkehrs Tatsachen schaffen, ist nicht zu akzeptieren."

Und Langer ergänzt, dass diese Vorgehensweise sowohl langfristigen strategischen Zielen der Stadt als auch dem Mobilitätsleitbild „Kumm steig um“ und der städtischen Radverkehrsstrategie widerspreche. Tatsächlich ist die Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer von 477.475, die im Jahr 2013 die Nibelungenbrücke querten, auf 750.000 im Jahr 2020 gestiegen. 

Deshalb steht in der Fahrradstrategie: "Die Nibelungenbrücke ist zentrales Element für den Radverkehr in Linz und aktuell aufgrund der schmalen Einrichtungsradwege auf den Gehsteigen ein Nadelöhr für den Radverkehr. Ziel ist es, im Zuge der Eröffnung der neuen Westringbrücke die Kfz-Fahrstreifen zu reduzieren und eigene Radwege abseits der Gehsteige zu errichten." Was mit der aktuellen Entscheidung wieder konterkariert wird. 

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