Nach Bluttat in Leonding: Beide Opfer gestorben

Polizei am Schauplatz in Leonding (Bezirk Linz-Land)
Nachbar war mit Eisenstange auf Ehepaar losgegangen. U-Haft verhängt.

Beide Opfer einer Bluttat am Samstag in Leonding (Bezirk Linz-Land) sind Montagvormittag gestorben. Das Ehepaar im Alter von 74 und 71 Jahren, das laut ersten Ermittlungsergebnissen von einem 41-jährigen Nachbarn mit einer Eisenstange attackiert worden war, erlag im selben Krankenhaus in Linz seinen schweren Verletzungen. Über den verdächtigen Nachbarn wurde mittlerweile die Untersuchungshaft verhängt.

Zu der heftigen Attacke war es Samstagnachmittag gekommen. Laut Polizei beobachtete der 41-Jährige das Ehepaar, als es einen Spaziergang machte. Er holte eine Eisenstange von einer Baustelle und schlug auf die beiden ein. Zeugen hörten Schreie und alarmierten Polizei und Rettung.

Die beiden Opfer erlitten schwere Kopfverletzungen. Die Frau wurde zunächst ins Linzer Unfallkrankenhaus eingeliefert, ihr Mann ins Kepler Universitäts Klinikum Med Campus III (das frühere Linzer AKH). Am Sonntag wurde auch die 71-Jährige auf Wunsch der Angehörigen und in Abstimmung mit ihnen dorthin überstellt.

Kinderlärm als mögliches Motiv

Der 41-Jährige ließ sich noch am Tatort von der Polizei widerstandslos festnehmen. Als Motiv gilt ein sein seit Jahren schwelender Nachbarschaftsstreit, bei dem es unter anderem um Lärmbelästigung gegangen sein soll. Der Bürgermeister von Leonding, Walter Brunner (SPÖ), hörte nach der Bluttat von Nachbarn, dass es "Spannungen bis hin zu Streitereien seit zehn bis zwölf Jahren" gegeben habe. Offenbar hatte sich das Ehepaar des öfteren über den Lärm der beiden kleinen Kinder des 41-jährigen Tatverdächtigen beschwert.

Der Verteidiger des Beschuldigten, Andreas Mauhart, sprach von "einem jahrelangen Martyrium" seines Mandaten. Dieser sei von dem Ehepaar "ich sage einmal so, nicht gerade nett behandelt worden". Jetzt müsse zunächst ermittelt werden, was konkret passiert sei. Es gehe darum, "wer wen attackiert hat", erklärte Mauhart. Denn sein Mandant habe ihm berichtet, dass der 74-jährige Mann die erste Handlung gesetzt habe. Der Anwalt trat zudem dafür ein, den Geisteszustand des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt zu untersuchen. Dazu sollte ein Gutachten erstellt werden.

Fassungslosigkeit in Leonding

"In Leonding herrscht Fassungslosigkeit, dass so etwas passieren konnte. Ich treffe niemanden, der nicht sagt: 'Ein Wahnsinn. Unvorstellbar, dass man Konflikte nicht anders lösen kann.'" Der Beschuldigte war in einer ersten Befragung zur Tat geständig. Aber auch Zeugen und Angehörige der Opfer sollen in dem Fall befragt werden. Die Staatsanwaltschaft Linz hat Untersuchungshaft beantragt. Im Fall einer Verurteilung wegen Mordes drohen dem 41-Jährigen zehn bis 20 Jahre Haft oder auch lebenslänglich.

Am Sonntag hat sich der Verdächtige für seine Tat entschuldigt. Es tue ihm leid, sagte der Oberösterreicher bei seiner Einvernahme gegenüber der Polizei. Er schlug bisherigen Ermittlungen zufolge mit einer Eisenstange auf seine Nachbarn ein.

Der Tötung eines älteren Ehepaars in Leonding (Bezirk Linz-Land) ist ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit vorausgegangen. Warum die Situation am Samstag derart eskaliert ist, ist aber unklar. Es stelle sich "schon die Frage, wie so etwas passieren kann, dass jemand unvermittelt - oder scheinbar unvermittelt - so eine Tat setzt", sagte der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein (Bild) am Montag.

"Überschlagshandlung"

Wenn es länger Probleme gibt, die in einem Menschen gären, und der Betroffenen das Gefühl habe, er sei ohnmächtig und könne nichts zur Lösung beitragen, dann "kann es sein, dass diese Wut gepaart wird mit Ohnmacht", erläuterte Binder-Krieglstein. Dann ist es möglich, dass sich die Aggression aufstaut und "im Effekt die Impulskontrolle weg ist". Das kann laut dem Psychologen zu einer solchen "Überschlagshandlung" führen.

"Schlechte Grundstimmung" gepaart mit "schlechtem Tag"

Die Attacke mit einer bei einer Baustelle herumliegenden Eisenstange dürfte nicht geplant gewesen sein, so die Einschätzung von Binder-Krieglstein. Er vermutete, dass sich bei dem geständigen 41-Jährigen eine "schlechte Grundstimmung" aufgestaut hatte. In Verbindung mit einem "schlechten Tag" sei der Beschuldigte "dann ausgerastet", so eine mögliche Erklärung des Psychologen für die dennoch "nicht akzeptierbare" Tat.

"Wichtig wäre, dass man sich in Konfliktsituationen überlegt: Was habe ich für Strategien?", sagte Binder-Krieglstein zur Vorbeugung solcher Situationen. "Wenn man das Gefühl hat, man kommt nicht aus, sollte ein Psychologe, Moderator oder Mediator gesucht werden, um sich zu einigen", riet der Experte zu einem "Schiedsrichter" ähnlich wie beim Sport.

Fehlende "Privatsphäre" als Thema

Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten gehe es oft um das Thema "Privatsphäre". Das sei in ländlichen Gebieten oft weniger das Problem, wo größere Wegstrecken zwischen Nachbarn liegen, bei Reihenhaussiedlungen sehe das aber beispielsweise schon wieder anders aus. Zu der Bluttat in Leonding war es im dicht besiedelten Stadtteil Berg gekommen. Bei dem Konflikt dürfte es unter anderem um Lärmbelästigung gegangen sein.

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