Mühlviertler Speckparadies

Erfolgsrezept: Peter Haudums Speckspezialitäten sind in ganz Europa gefragt und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Wirtshauskultur und Speckwerkstatt locken nach Helfenberg an der Mühl.

Wenn am Sonntagvormittag die Frühmessdamen in der Jägerstube sitzen, versammeln sich die Männer am Stammtisch in der Gaststube. Dort steht ein großer Ofen mit grünen Kacheln, blau-weiß karierte Tischdecken schmücken die einfachen Holztische, in einem Eck gibt es einen Herrgottswinkel.

Man könnte meinen, im Gasthof Haudum in Helfenberg im Oberen Mühlviertel sei die Zeit stehen geblieben. Doch der Wirt lebt keineswegs in der Vergangenheit, sondern hat sich mit seinen Ideen einen Namen gemacht. "Ich bin hier auf die Welt gekommen, also quasi eine Wirtshausgeburt", sagt Peter Haudum.

Mühlviertler Speckparadies
02.05.2014, Helfenberg, Gasthaus Haudum, Foto Alfred Reiter
Das mehr als 600 Jahre alte Gebäude ist seit 62 Jahren im Besitz der Familie, 1988 hat Peter das Wirtshaus von seinen Eltern übernommen. Seither hat er gemeinsam mit Ehefrau Christine viel Zeit und Geld investiert, der Betrieb steht mittlerweile auf mehreren Beinen: Die Haudums handeln mit Holz aus dem eigenen Forst, für Urlauber und Seminargäste stehen zwölf Doppelzimmer zur Verfügung und vor zehn Jahren wurde die hauseigene Speckwerkstatt eröffnet.

"Bei uns ist schon immer geräuchert worden, das Thema lag also auf der Hand", erklärt der 53-Jährige, während er Kostproben vom gedämpften Bauchspeck aufschneidet. Das Fleisch ist wunderbar zart und saftig. Haudum räuchert auch Rindfleisch, Brustkern und Beiried (Pastrami) etwa, oder Rostbraten (Ribeye).

Die Speckspezialitäten aus Helfenberg sind dank eines Online-Shops mittlerweile in ganz Europa gefragt. Für feierliche Anlässe schnürt der 53-Jährige Geschenkpakete mit Speck und anderen regionalen Köstlichkeiten. Sie sind ein Renner, genauso wie die Speckverkostungen, die Haudum für Gäste aus sieben befreundeten Mühlviertler Hotels kostenlos anbietet. ."Man darf nicht darauf warten, dass die Leute von selbst kommen, man muss sich schon etwas einfallen lassen", meint der findige Wirt.

Krawatte erlaubt

Mühlviertler Speckparadies
02.05.2014, Helfenberg, Gasthaus Haudum, Foto Alfred Reiter
Geschick beweist Peter Haudum nicht nur in seiner Speckwerkstatt: Das Wirtshaus wird zu fast 40 Prozent mit Sonnenstrom vom Dach versorgt, beim Fernheizwerk ist er Lieferant und Miteigentümer. Und in der Küche zaubert sein Team Gerichte, die nur noch selten auf dem Teller landen: Gebackenes Kalbsbries mit Erdäpfeln und Salat zum Beispiel. "Wir sind kein Haubenlokal, aber wir können trotzdem etwas", sagt Haudum selbstbewusst. "Bei uns ist die Krawatte erlaubt. Mich freut es, wenn der Generaldirektor hereinkommt, aber mindestens genau so, wenn die Arbeiter vorbeischauen."

Beuscherl, Kalbskopf und Speckknödel
Hausmanns- statt Haubenkost ist im Gasthof Haudum ein ungeschriebenes Gesetz. Der Koch ist dennoch ein ausgezeichneter: Er wurde in Frankreich zum Ritter der Blutwurst geschlagen. Auf der Speisekarte: Raritäten wie Kalbskopf, Köstlichkeiten wie überbackene Speckknödel (mittwochs) und Klassiker wie Beuscherl und Wiener Schnitzel – auch vom Wollschwein. www.haudum.at

Mühlviertler Speckparadies
Helfenberg liegt in einem Talkessel an der Steinernen Mühl und war im 19. Jahrhundert eine Hochburg der Textilindustrie. Noch heute gibt es spezialisierte Betriebe in der Region und das Webereimuseum im nahen Haslach, das an die industrielle Blütezeit erinnert.

In der Umgebung von Helfenberg lohnen sich Wanderungen genauso wie Mountainbike-Touren, ein Besuch im Kräutergarten in Klaffer oder eine Bierverkostung in der Brauerei des Prämonstratenserstifts Schlägl.

Auch nach Tschechien ist es nicht weit: Zum Moldau-Stausee mit dem Geburtshaus von Adalbert Stifter in Horní Planá (Oberplan) oder nach Krumau. Die Weltkulturerbestadt beherbergt ein Egon-Schiele-Zentrum.

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