Mühlviertel: Jadebeil aus der Jungsteinzeit entdeckt
Ein vor rund zehn Jahren im Mühlviertel entdeckter Fund aus der Jungsteinzeit entpuppte sich bei näherer Analyse nun als wertvolles Steinbeil aus geschliffener Jade. Der Stein stammt aus der Steiermark. Das gab der Steinzeit-Projektleiter vom Kulturverein "Landschaftsschule Donauschlinge" Gernot Krondorfer nach der wissenschaftlichen Auswertung des Fundes am Dienstag bekannt. Das 4,7 Zentimeter lange und 2,7 Zentimeter breite leuchtend grüne Stück wurde nahe dem Ort Niederkappel im Bezirk Rohrbach (OÖ) auf einer Siedlungsfläche der Chamer Kultur (3.300 bis 2.700 vor Christus) gefunden. Ein Wissenschafter-Team der Universität Wien, des Universalmuseum Joanneum in Graz und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat den Fund nun analysiert und zugeordnet.
Nach OÖ importiert
Demnach handelt es sich bei dem Material um Nephrit-Jade. Deren hohe Druckfestigkeit übertrifft oftmals jene von Stahl. Das für die Holzbearbeitung geeignete Schneidewerkzeug stellte schon in der Jungsteinzeit ein Luxusobjekt dar. Weil in Oberösterreich keine derartigen Vorkommen bekannt sind, war bald klar, dass es sich um ein Importstück handelte. Tatsächlich weist es eine sehr gute Übereinstimmung mit Funden in den Sedimentablagerungen der Mur in Graz auf. Somit dürfte das Rohmaterial oder das fertige Beil seinen Weg aus der Steiermark nach Oberösterreich gefunden haben. Als primäres Ursprungsgebiet der steirischen Nephritgeschiebe wird die Gegend von Zederhaus im Lungau im Salzburger Quellgebiet der Mur angenommen.
Rohstoffwanderungen wie diese liefern der Forschung und wertvolle Hinweise auf die damaligen Kontakte und Handelsbeziehungen unter den jeweiligen Regionen. Man nimmt an, dass es sich bei solchen Raritäten um besondere Prestige- oder Statusobjekte handelt, die auch über weite Entfernungen transportiert wurden.
Chamer Kultur
Fast bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren keine europäischen Vorkommen von Nephrit bekannt und die hier vereinzelt aufgefundenen Beile gaben der Wissenschaft Rätsel auf. Man sprach sogar von steinzeitlichen Importen aus China. Denn die Portugiesen machten Ende des 16. Jahrhunderts in China Bekanntschaft mit Jade. Zu Beginn des selben Jahrhunderts hatten die Spanier den Stein in Mittelamerika durch die Azteken kennengelernt. Auf sie geht vermutlich auch der Name Jade zurück. In beiden Ecken der Welt diente er angeblich als Heilstein bei Nierenproblemen. Sowohl "Jade" als auch der in der Mineralogie verwendete griechische Begriff "Nephrit" weisen auf "Niere" hin.
Der Mühlviertler Verein "Landschaftsschule Donauschlinge" setzte in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen für archäologische Grabungen und wissenschaftliche Forschung. So konnten an der Schlögener Schlinge der Donau zehn Siedlungsflächen der jungsteinzeitlichen Chamer Kultur nachgewiesen werden. Diese erstreckte sich vom heutigen Bayern bis nach Oberösterreich und Tschechien. Der spektakulärste Fund war eine Vorratsgrube aus der Jungsteinzeit mit mehr als 30 hochwertigen und prunkvoll verzierten Keramik-Töpfen und -Schüsseln. Fragmente ließen auf weitere 20 Gefäße schließen.
Kommentare