Mord in Sibirien: Tschetschene in Wels freigesprochen

Russisches Polizeiauto.
Vor 16 Jahren ist in Russland eine Marktfrau getötet und ausgeraubt worden. Angeklagter bestreitet seine Identität.

Im Prozess um einen Mord an einer Marktfrau vor 16 Jahren in Sibirien ist am Mittwoch im Landesgericht Wels der angeklagte Tschetschene freigesprochen worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Geschworenen standen vor einer schwierigen Entscheidung, denn der Angeklagte behauptete, jemand ganz anderer zu sein und vermutet eine russische Intrige gegen ihn als Tschetschene.

Warum in Österreich verhandelt wurde

Der Angeklagte ist derzeit auf freiem Fuß, weil er bereits sehr lange in Auslieferungs- und Untersuchungshaft war. Im Zuge des Auslieferungsverfahrens hatte das Oberlandesgericht Linz entschieden, dass ihm als Tschetschene in Russland kein faires Verfahren garantiert werden könne und deshalb in Österreich verhandelt werden muss.

Brutaler Mord an Marktfrau in Russland

Im Jahr 2000 war in der sibirischen Stadt Raduzhny eine Marktfrau ausgeraubt und ermordet worden. Sie hatte Geld für die Hochzeit ihrer Tochter gespart. Dass sie dieses in ihrem Strumpfgürtel verwahrte, war in ihrem Umfeld ein offenes Geheimnis. Drei Männer, einer davon ihr Neffe, besuchten sie in ihrer Wohnung. Zuerst wurde geredet und getrunken. Dann töteten sie ihr Opfer durch Schläge mit einer Krimsekt-Flasche und stachen mit einem Messer auf es ein. Anschließend flüchteten sie mit dem Ersparten der Frau - rund 100.000 Rubel und 4.000 Dollar.

Zwei Täter verurteilt

Zwei Täter sind bereits in Russland verurteilt worden. Der dritte soll laut russischen Ermittlern ein heute 43-jähriger Tschetschene sein, der sich nach Österreich abgesetzt hat und von einem der Verurteilten schwer belastet wird. Der Mann, der subsidiären Schutz hat, wurde anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert. Er nennt sich allerdings Musa A. und nicht, wie von den russischen Behörden übermittelt Abdula G.

Die Staatsanwaltschaft erklärt sich das mit einer Alias-Identität. Der Angeklagte hingegen beteuerte, mit dem Verbrechen nichts zu tun zu haben. Er vermutet, dass man ihn mit einer falschen Anschuldigung hinter Gitter bringen wolle, damit er nach Russland ausgeliefert wird, weil er im tschetschenischen Widerstand war.

Prozess war im Juli vertagt worden

Um dieses Dilemma zu klären, war der Prozess im Juli vertagt worden. Wie Richter Hans-Jörg Reichl bei der Fortsetzung am Mittwoch mitteilte, habe eine Prüfung der Landespolizeidirektion ergeben, dass der vom Angeklagten vorgelegte Pass und seine Heiratsurkunde - beide auf Musa A. - echt seien. Der Verteidiger verwies zudem darauf, dass es eine Zeugenaussage gebe, wonach ein Abdula G. bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei.

Die Staatsanwaltschaft hielt dem entgegen, dass am Rande einer polizeilichen Ermittlung vor Jahren in Oberösterreich - lange bevor der Angeklagte mit dem Mord in Zusammenhang gebracht worden war - einmal Jugendliche den Mann als "Abdul" bezeichnet hätten. Die Verteidigung konterte, es handle sich nur um ein Gedächtnisprotokoll einer vagen Aussage.

"Ich bin nicht der, für den ich gehalten werde, ich bin unschuldig", sagte der gefasst wirkende Angeklagte zum Abschluss des Prozesses. Und: Ein Politiker aus der Zeit Churchills habe einmal gesagt, dass ein Vertrag mit Russland nicht das Papier wert sei, auf dem er stehe, vermutet er eine Intrige gegen sich.

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