Mord an Taxlerin: "Bin kein Monster"

In diesem weißen Mercedes wurde die Taxlerin am 20. April um 22.15 Uhr am Parkplatz eines Gartencenters in Gunskirchen (OÖ) getötet
Pure Ausweglosigkeit soll 46-jährigen Haftentlassenen zu der abscheulichen Tat getrieben haben.

Der Raubmord an der 57-jährigen Taxilenkerin Ingrid V. am 20. April in Gunskirchen (OÖ) gilt als eines der spektakulärsten Verbrechen des Jahres. Opfer und Täter kannten einander nicht. Es war Zufall, dass V. sterben musste, es hätte jeden treffen können. Die Mutter eines erwachsenen Sohnes wurde nur ausgewählt, weil ihr Taxi das schönste in der Reihe war.

Erwin K. (er muss sich ab Donnerstag im Landesgericht Wels verantworten) gab sich als Fahrgast aus. Er ließ sich im weißen Mercedes vom Bahnhof Linz zu einem Firmenparkplatz in Gunskirchen bringen. Dort soll er ein Messer gezückt und über die 57-Jährige hergefallen sein. Sie hatte keine Chance – die Obduktion ergab 17 Messerstiche.

K.s Raubbeute fiel mager aus: Eine Aktentasche mit einem Notebook und ein Tablet-PC. Versuche, diese zu verwerten, schlugen fehl. Drei Tage später wurde der mutmaßliche Täter in einem Welser Hotel verhaftet, eine Rezeptionistin hatte ihn auf einem Fahndungsbild erkannt.

"Mein Mandant sagt, er ist kein Monster, es war die Perspektivlosigkeit, die ihn zu der Tat getrieben hat", lässt K. über seinen Anwalt Oliver Plöckinger ausrichten.

Es war aber nicht K.s erstes Verbrechen. Eine lange Liste an Straftaten markiert seinen Lebensweg. Mehr als die Hälfte der Zeit verbrachte der 46-Jährige hinter Gittern. Unter anderem wegen Raubüberfällen. Auch ein Kapitalverbrechen hat er vorzuweisen. 1990 erwürgte er in Graz seine Freundin und versteckte ihre Leiche in einem Kasten. Dafür saß er 19 Jahre und sieben Monate in Stein und Garsten ein. Plöckinger: "Er war ein Musterhäftling, im Gefängnis gab es mit ihm nie Probleme."

Seine beiden jüngsten Haftstrafen – drei Jahre und fünf Monate in Wels sowie sechs Monate in Linz – verbüßte K. ohne bedingte Entlassung bis zum letzten Tag. Das hatte zur Folge, dass er keine Bewährungshilfe erhielt.

Kein Geld für Essen

"Er ist am 27. Februar mit 200 Euro in der Tasche entlassen worden", sagt Plöckinger. K.s Suche nach einer Wohnung schlug fehl, er konnte die geforderte Kaution nicht aufbringen. Bis 9. April war er in einer Welser Notschlafstelle, dann hielt er es dort nicht mehr aus. "K. ist sehr strukturiert und ordentlich." Anschließend nächtigte er in Hotels, in denen keine Vorauszahlung verlangt wurde.

Die letzten drei Tage vor der Tat konnte er sich kein Essen mehr kaufen. "Er hat Wasser aus einem Bach im Wald getrunken, in Mistkübeln nach Nahrungsresten gestöbert und Röhrlsalat (aus Löwenzahn, Anm.) gegessen." Schließlich sei er zu Fuß zum Bahnhof Linz gegangen.

Laut Plöckinger ist sein Mandant ein Paradebeispiel für Haftentlassene, bei denen es sinnvoll wäre, wenn sie noch eine gewisse Zeit unter Aufsicht stünden. "Zumindest so lang, bis sie wieder ein wenig Fuß fassen." Neben einem psychologischen Ansprechpartner könnten auch die Aussicht auf einen Job und eine Wohnung Rückfälle eventuell verhindern. "K.s Fall zeigt, dass das System in Bezug auf Resozialisierung leider nicht lückenlos funktioniert." Der Frage, wie man Haftentlassene adäquat betreut, sollte daher mehr Augenmerk geschenkt werden.

Das fordert auch Andreas Zembaty vom Resozialisierungsverein Neustart: "Es wäre wünschenswert, vorzeitige Haftentlassungen verpflichtend einzuführen, sodass Betreuung gewährleistet ist."

Alois Birklbauer, Strafrechtsprofessor der Uni Linz, ist gegen eine Gesetzesänderung: "Doch man sollte bei den Richtern Überzeugungsarbeit leisten, dass sie sich trauen, mehr Haftstrafen mit Auflage zu verhängen."

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