Mit der Zahnradbahn zur schönsten Bergwanderung
Mit sanftem Rütteln bewegt sich die Schafbergbahn von St. Wolfgang in Richtung Schafberggipfel. Seit dem Jahr 1893 transportiert die steilste Zahnradbahn Österreichs Bergfreunde auf den wohl bekanntesten Gipfel des Salzkammerguts, den 1783 Meter hohen Schafberg.
Touristen aus Asien
Bei der ersten Fahrt an diesem heißen Sommertag finden sich auch Touristen aus Spanien, Russland, China und Korea in den Waggons. Sie genießen sichtlich die kühne, bis 26 Prozent steigende Bergfahrt. Lokomotivführer Hans: „Die bei Nostalgiefahrten eingesetzten 125 Jahre alten Zahnradlokomotiven zählen zu den ältesten noch betriebsfähigen Dampflokomotiven der Welt. Alle Reparaturen werden in der Werkstätte in St. Wolfgang gemacht. Für die Fahrt ist eine Vorbereitungszeit von vier Stunden notwendig. Insgesamt werden für eine Berg- und Talfahrt
500 kg hochwertige Steinkohle und 3000 l Wasser gebraucht.“
Heute entsteigt jedoch nur ein zartes Wölkchen dem Rauchfang der Lokomotive. Lange vorbei sind auch die Zeiten, als sich Anfang des 19. Jahrhunderts Adelige aus Wien, die mit der Postkutsche nach St. Wolfgang gereist waren, auf den Schafberg tragen ließen. Aus Aufzeichnungen ist bekannt, dass sich in St. Wolfgang schon früh der Beruf des „Sesselträgers“ entwickelte.
Rasch gewinnt die Bahn an Höhe. Die Fahrgäste richten verzückt ihre Mobiltelefon-Kameras auf den smaragdgrünen Wolfgangsee. Nach 30 Minuten und vier Kilometern Fahrstrecke erreicht der Zug die Haltestelle Schafbergalpe auf 1363 Metern. Hier steigen wir aus und verlassen die anderen Passagiere, die auch die letzten zehn Minuten bis zur Schafbergspitze im Zug bewältigen. Die Bahn wird dann fast 1190 Höhenmeter überwunden haben.
Die Haltestelle Schafbergalpe bildet auch die Baumgrenze. Hier beginnen wir die laut Experten schönste Bergwanderung von Oberösterreich. Wir werden in dreieinhalb Stunden den gesamten Schafberggipfel umrunden und besteigen. Der Purtschellersteig leitet uns in die grasbewachsene Südflanke des Schafbergs. Benannt ist er nach Ludwig Purtscheller, einem der bedeutendsten Alpinisten am Ende des 19. Jahrhunderts. Neben unzähligen Gipfel in den europäischen Alpen hat dieser auch den Kilimandscharo in Afrika erstbestiegen. Immer über der Waldgrenze gehend ist der Blick auf den tief drunten liegend Wolfgangsee gerichtet. Das mit Latschen bewachsene Gelände ist eine sichere Heimat für Gämsen. Munter springen sie von Fels zu Fels und machen immer wieder Fresspausen in den Grasinseln. Interessiert beobachten sie uns Wanderer. Langsam bewegen wir uns an den anmutigen Tieren vorbei.
Eine solide Seilsicherung führt zu den Südabstürzen der „Spinnerin“, die wir über Steinstufen und durch Drahtseile gesichert überwinden. Wir steigen bis zum idyllische Münichsee ab. Dann wird es wildromantisch. Durch lichte Lärchenhaine geht es an der fast senkrechten Schafberg-Nordwand entlang. Wieder zieren kleine Bergseen die Landschaft, der Mittersee und der Suissensee. Zur Rechten leuchtet während einer längeren Wegstrecke der Mondsee herauf. Uns wird das Einmalige dieser Rundwanderung bewusst. Jede halbe Gehstunde wechselt das Panorama. Eine neue Felswand oder ein neuer See taucht vor dem Betrachter auf. In steilen Serpentinen nähern wir uns der Himmelspforte, einer Felsspalte. Wie bei einem Zieleinlauf durchschreiten wir sie und erreichen den Gipfel des Schafbergs.
Sensationeller Blick
Am Gipfel des Schafbergs gibt es einen famosen Rundumblick auf ein überwältigendes Panorama. Die Seen des Salzkammerguts blitzen herauf, der Blick reicht vom Böhmerwald im Norden bis zu den Alpen im Süden. Wie ein schlafender Löwe blickt der Sparber herüber. Ein Tourist aus Russland freut sich über ein Gipfelfoto, das er auf seiner Motorradrundreise mit nach Hause nehmen wird. Mit der Ruhe ist es jetzt natürlich vorbei. Scharen von Bergbahnfahrern tummeln sich im Gipfelgelände. Wir stärken uns im Hotel Schafbergblick. Seit 1862 thront es auf dem Gipfel und ist Österreichs ältestes Berghotel. Wir danken nachträglich den 350 zumeist italienischen Arbeitern, die vor 125 Jahren die Bahn errichtet haben. Material und Verpflegung mussten mit rund 6000 Maultierlasten auf den Berg geschafft werden. Der Bau wurde nur kurz in der strengen Frostperiode des Winters 1892/’93 unterbrochen. Frisch gestärkt gleiten wir mit der Schafbergbahn wieder ins Tal.
Josef Leitner ist Universitätslektor und besucht mit seinem Reisemobil interessante Plätze der Natur und Kultur.
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