Maximilians Weltreich auf Stadtturm

Der Stadtturm mit den 18 burgundischen Wappen
Kaiser Maximilian pflegte in Vöcklabruck seine Freundschaft mit Wolfgang von Polheim

Dass eine mittelalterliche Stadt ihren Aufschwung der Jugendfreundschaft zweier bedeutender Männer verdankt, lässt sich beim Besuch von Vöcklabruck eindrucksvoll nachvollziehen. Mächtig und schutzgebietend bewacht der Stadtturm die historische Altstadt.

Der Kulturexperte, Autor und Verleger Kilian Müller weiß, warum sich Kaiser Maximilian, dessen Todestag sich heuer zum 500. Mal jährt, sich gerne in Vöcklabruck aufgehalten hat: „Es war die Freundschaft mit seinem Jugendfreund Wolfgang von Polheim. Dieser wuchs mit ihm am kaiserlichen Hof in Wiener Neustadt auf und zählte lebenslang zu den engsten Freunden des Kaisers. Er residierte auf seinem Stammsitz, der Wartenburg bei Vöcklabruck, heute ist sie nur mehr eine Ruine. Immer wieder unterstützte der Adelige den ständig in Geldnot befindlichen Kaiser mit gewaltigen Geldsummen.“

Der alte Aphoristiker hat wohl recht, wenn er meint: „Reich sind nur die, die wahre Freunde haben.“ Natürlich wird auch die geografische Lage der Stadt eine Rolle gespielt haben. Sie war ein Verkehrsknotenpunkt, der genau an der Reichsstraße von Wien über Lorch, Wels und Salzburg lag und die österreichischen Länder mit Tirol verband.

18 Wappen

Wir betrachten beeindruckt die an der Fassade des Stadtturms angebrachten in Österreich einzigartigen Fresken. Müller: „Über die ganze Breite des Turmes befinden sich die Wappen der 18 burgundischen Länder. Diese Gebiete waren die erste Erwerbung Maximilians für das Haus Habsburg durch seine 1477 erfolgte Heirat mit Maria von Burgund. Mit diesem Wappenprogramm wollte Maximilian die vielen unter seiner Herrschaft vereinigten Länder eindrucksvoll präsentieren und damit die Bedeutung seiner Person hervorheben.“

Der Stadtturm mit den 18 burgundischen Wappen

Der Stadtturm mit den 18 burgundischen Wappen

Donauschwaben

Der Führer öffnet die Tür zum Turm und wir steigen auf steilen Holzstufen auf 35 Meter Höhe. Auf einer der angebrachten Thementafeln finden wir interessante Erläuterungen zur Geschichte der Stadt. So entdecken wir, dass tausende Siebenbürger Sachsen und Donauschwaben nach dem Zweiten Weltkrieg in Vöcklabruck eine neue Heimat gefunden haben.

Tief unten am Stadtplatz können wir das bunte Treiben des Wochenmarktes beobachten. Wir verlassen den historischen Ort und begeben uns ins wenige Gehminuten entfernte „Alte Stadtmauer und Schmiedemuseum“. Kilian Müllers Urgroßvater Matthäus hat 1905 an der Rückseite der Stadtmauer eine Schmiedewerkstatt eingerichtet, in der bis in die 1960er Jahre Landmaschinen und Fahrräder erzeugt wurden. „Dadurch ist eines der schönsten und größten Stücke der alten Stadtmauer erhalten geblieben“, erläutert Müller.

Bratpfanne

In der aufwendig renovierten Schlosserei erwarten uns historische Schmiedearbeiten, die die frühere Handwerkskunst illustrieren: ein romanischer Türklopfer, ein Türschloss mit Adam- und Eva-Motiven und besonders eine Bratpfanne.

 

Kilian Müller mit einem alten Türschloss in seinem Schmiedemuseum

Kilian Müller mit einem alten Türschloss in seinem Schmiedemuseum

Müller erinnert sich, dass in seiner Kindheit mit ebendieser Pfanne der sonntägliche Festbraten zubereitet wurde. Er weist uns auf das auf der Unterseite der Eisenpfanne eingravierte Schlaraffenland-Motiv hin: „Ein Genießer liegt unter einem Baum mit baumelnden Würsten und Brezeln, während ihm der Wein in den Mund fließt und ein Gugelhupf aufs Anschneiden wartet.“ Wenn man sich in die kargen Lebensbedingungen früherer Zeit versetzt, so scheint der Spruch eines Weisen zu stimmen: „Wahrer Reichtum besteht nicht im Besitz, sondern im Genießen.“

Josef Leitner ist Universitätslektor und besucht mit seinem Reisemobil interessante Plätze der Natur und Kultur.

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