Rücktritt mit Abstieg
Roland Daxl wollte sich das nicht länger antun. Als der Abstieg aus der Bundesliga feststand, gab er seinen Rücktritt als Präsident bekannt. Der 49-jährige Unternehmer aus Grieskirchen hatte den Verein in wirtschaftlich turbulenten Zeiten übernommen und mit viel persönlichem, auch finanziellem Einsatz saniert. Ohne Daxl gäbe es die SV Ried in der jetzigen Form nicht mehr, ist die unwidersprochene Meinung im Verein.
Am Dienstag kürten die Mitglieder mit klarer Mehrheit den Nachfolger: Thomas Gahleitner (35), Geschäftsführer eines Installationsunternehmens mit 125 Mitarbeitern in Kopfing (Bez. Schärding) und Wels. Es sei „viel Überredungsarbeit“ notwendig gewesen, hieß es. Seit zehn Jahren dabei, müsse er jetzt eben Verantwortung übernehmen, sagt Gahleitner. Ihn reize „die Komposition aus Fußball, Wirtschaft und Netzwerk“.
Arbeit und Zeit
Sich in einem Bundesligaklub zu engagieren, beschert gesellschaftliches Ansehen, beste Verbindungen kreuz und quer. In der Intimität des VIP-Clubs lässt sich einiges besprechen und aushandeln. Dem steht freilich jede Menge Arbeit und Zeitaufwand gegenüber. Und Gahleitner weiß, dass künftig allen voran er in der Kritik stehen wird.
War es dereinst bei den Römern der Imperator, der über die Gladiatoren den Daumen nach oben hielt oder senkte, sind es im Fußball die Fans. Sie bestimmen über das Schicksal der Vereinsführung und sind dabei mitunter gnadenlos. Im Eintrittsgeld ist inkludiert, Unmut über die Spieler lautstark kundzutun. Über die Funktionäre ebenso.
Wächter der Tradition
Eine spezielle Macht stellen die vereinsmäßig organisierten Anhänger dar, die sich auch als Wächter der Tradition verstehen. Das bekamen die LASK-Oberen zu spüren, als die „Landstraßler“ heftig gegen die Änderung des Vereinslogos protestierten und einmal der Mannschaft – in Anlehnung an das Gründungsjahr – 19:08 Minuten lang jede Unterstützung verweigerten.
Die „Initiative Schwarz-Weiß“ wiederum machte sich Sorgen um die traditionellen Vereinsfarben, als die Spieler plötzlich in rosafarbenen Trikots aufliefen, ein Zugeständnis an den Sponsor BWT.
Geld auftreiben
Weil Profifußball nur mit viel Geld funktioniert, darf dieses der Vorstand auftreiben oder gleich selbst einbringen, ohne jedoch die Seele des Vereins zu verkaufen. Die Nostalgie ist eine Flucht aus der Gegenwart. Die Klubs sind mittlerweile ein Durchhaus, Spieler kommen und gehen, die Karawane zieht unablässig weiter. Identifikation mit der Mannschaft wie einst kann sich da nur schwer entwickeln.
Das nährt die Sehnsucht nach den vermeintlich besseren alten Zeiten. Die treibt mitunter auch die Heckenschützen an, die aus gesicherter Deckung ihre intriganten Attacken gegen den Vorstand reiten, via Medien oder indem sie die Anhängerschaft aufzustacheln versuchen.
Wie reagieren die Spieler?
Die Wahrheit liegt auf dem Platz, heißt es. Deshalb sind Klubbosse letzten Endes machtlos, weil davon abhängig, was die Spieler abliefern. Wobei keineswegs gesagt ist, dass alle immer alles geben. Am Beispiel Ried: Ein guter Teil des aktuellen Kaders ist nicht gut genug für die Erste Liga. Die Betroffenen wissen, dass sie im Falle eines Aufstiegs wohl gehen müssten.
Da wäre es nicht verwunderlich, wollten sie lieber eine Klasse tiefer im Geschäft bleiben. Wenn aber nur ein paar im Team keine rechte Lust auf das Gewinnen haben, kann das Werkl nicht rundlaufen. Überraschende Einbrüche gibt es im Frühjahr da und dort.
Morddrohungen
„Es war nicht immer einfach“, resümiert Roland Daxl. Für den Verein geradezustehen, sei das eine, „aber Morddrohungen zu erhalten und unter Polizeischutz zu stehen, ist das andere.“ Und eine Erkenntnis nach 14 Jahren in Diensten der Rieder Spielvereinigung: „Man hat leider auch mit vielen lauten Menschen zu tun, bei denen die eigene Meinung sehr ausgeprägt ist und die Ahnung zu wenig.“
Womit sich auf die Frage, warum sich das jemand antut, es nur eine schlüssige Antwort geben kann: Wie die Fans müssen Vereinspräsidenten Fußballverrückte sein.
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