Wie sieht es mit den Förderungen aus?
Derzeit ist das Förderverfahren eingefroren, aber wir haben konstruktive Gespräche geführt und skizzieren gerade einen Lösungsweg.
Wie wollen Sie die Wogen nach dem Rücktritt Ihres Vorgängers Andreas Maislinger glätten?
Wichtig ist, die Vorwürfe objektiv und extern begleitet aufzuklären. Dann geht es darum, dass der laufende Jahrgang den Dienst ordnungsgemäß beenden kann. Der Jahrgang 2023 steht schon in den Startlöchern, um ins Ausland zu gehen.
Haben Sie mit den Betroffenen geredet?
Ich habe Gespräche gesucht, auch mit jenen Personen, die sich öffentlich geäußert haben. Es gab positive Rückmeldungen.
Jene 135 Leute, die jetzt ins Ausland gehen, sind seit einem Jahr in Vorbereitungen. Sie sollen ja reinwachsen in den Dienst. Das ist ein organisches System, um sicherzustellen, dass die Leute wissen, worauf sie sich einlassen. Meistens sind das junge Menschen, die noch nie im Ausland waren.
Sie sind selbst Alumnus: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ich war 2012/’13 am American Jewish Committee in New York. Das war eines der schönsten und erfahrungsreichsten Jahre meines Lebens, das kann ich ganz unpathetisch sagen. Ich konnte ins jüdische Leben eintauchen, sei es in die Religion, und etwa jedes Wochenende Schabbat feiern. Dieses Leben und Arbeiten im Ausland prägt natürlich bis heute. Dieser Gedenkdienst ist eine der besten Ideen, die wir in Österreich je hatten im Bereich der Aufarbeitung, deswegen setze ich mich jetzt dafür ein.
Machen Sie das hauptberuflich?
Nein, ich mache das ehrenamtlich. Hauptberuflich bin ich Jurist bei der Österreichischen Gesundheitskasse. Ich hoffe, dass wir bald in ruhigeres Gewässer kommen. Denn Jugendliche und Eltern brauchen Planungssicherheit. Ein Auslandsdienst kostet Geld, man bekommt Taschengeld und die Sozialversicherung wird bezahlt, aber damit springt man in manchen Ländern nicht weit. Da muss man andere Finanzierungsformen suchen. Etwa über die Eltern. Oder man spart zwei, drei Jahre darauf hin, das habe ich auch so gemacht.
Erklären Sie jemanden, der noch nie vom Auslandsdienst gehört hat, was das ist.
Kurz gefasst: Der Auslandsdienst als Verein ermöglicht es Menschen jeden Alters, aber vor allem jungen Menschen, Gedenk-, Friedens- oder Sozialdienst im Ausland zu machen. Zielgruppe waren schon immer Personen, die anstelle des normalen Zivildienstes in Österreich einen Dienst im Ausland machen wollen. Das sind überwiegend junge Männer, aber es werden auch immer mehr Frauen. Wir haben auch Beispiele von älteren Menschen. Eine Dame ist nach Pensionsantritt als Gedenkdienerin nach Yad Vashem gegangen.
Wie funktioniert die Bewerbung?
Interessenten bewerben sich, suchen sich eine freie Stelle suchen, werden als Kandidaten in den Verein aufgenommen und bereiten sich dann intensiv auf den Auslandsdienst vor.
Es gibt eine maximale Fördersumme, die man beantragen muss. 2023 wurde Obergrenze auf 150 angesetzt, derzeit sind 135 Personen fix. Wir haben beschränkte Ressourcen, wir können nicht alle ins Ausland schicken.
Was sind die begehrtesten Destinationen?
Früher waren das immer die USA, inzwischen tritt eine Differenzierung auf. Die junge Generation von heute informiert sich ganz genau. Das Interesse am Friedens- und Sozialdienst wächst enorm, auch aufgrund der geopolitischen Lage. Afrika, Westeuropa oder Guatemala sind ebenfalls beliebt. Wir haben auch sehr prestigeträchtige Einsatzstellen wie das Simon Wiesenthal Center in LA oder Yad Vashem in Jerusalem.
Sie sind ja Oberösterreicher und aus Braunau. Wie ist Ihre Meinung zur Diskussion rund um die mögliche Nutzung des Hitler-Geburtshauses?
Ich bekomme das ja alles mit, seit meiner Kindheit. Früher war die Lebenshilfe drin. Jetzt hat es viele Entwicklungen gegeben mit der Enteignung und den Plänen, dort eine Polizeistation unterzubringen. Ich kenne aus der Arbeit im Gedenkdienst viele Stätten und Methoden, wie man mit solchen Orten umgeht. Für mich stünde es im Fokus, Bildungsangebote und Aufklärung zu schaffen und eine Art des ‚Re-Framing‘ zu betreiben. Solche Orte müssen entmystifiziert werden. Ich bin deswegen für Aufklärungs- und Bildungsprojekte, die an die Allgemeinheit und an die Jugend gerichtet sind. Man kann ein Loch bohren bis an das andere Ende der Erde, es wird immer der Geburtsort Hitlers sein. Es gibt weltweit und in Österreich sehr viele, gute Beispiele, wie man mit solchen Orten umgehen kann.
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