Teil-Abbruch des „Roten Linz“ beginnt in historischer Arbeitersiedlung

Es ist ruhig, in der Sintstraße, an diesem kalten, regnerischen Wintertag. Die historische Arbeitersiedlung im Hafengebiet von Linz hat ihre beste Zeit längst hinter sich. Und ein jahrzehntelanges Ringen, was mit der Siedlung passieren soll.
Das denkmalgeschützte Ensemble aus den 1920-er-Jahren gilt als Sinnbild des sozialen Wohnbaus des „Roten Linz“ und wurde vom bedeutenden Linzer Stadtbaumeister Curt Kühne errichtet.

2001 wurde es von der Stadt de facto aufgegeben – indem es an die städtische Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft GWG verkauft wurde. „Mit der Prämisse, dass kein Denkmalschutz drauf ist“, versichert Geschäftsführer Nikolaus Stadler beim Lokalaugenschein.
Kosten contra Denkmalschutz
Denn der Plan war, anstelle der schlecht gebauten, baufälligen und nicht mehr zeitgemäßen Häuser moderne, kostengünstige Wohnungen zu errichten. Allerdings wurden die Häuser danach aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt. Was die ursprünglichen Pläne vereitelte.

Die GWG hat einen Großteil des Areals vor rund fünf Jahren an die Strabag verkauft. Dann wurde mit dem Denkmalschutz, der erst den vollständigen Erhalt aller 18 Häuser des Ensembles gefordert hatte, für das gesamte Areal eine Lösung entwickelt.
Diese sieht vor, dass sieben Häuser abgerissen werden dürfen, elf müssen erhalten und saniert werden. Für die GWG ein nicht darzustellender Kostenfaktor im sozialen Wohnbau, wie die Geschäftsführer Stadler einräumt.
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Deshalb auch der Verkauf des Areals an die Strabag. Die GWG errichtet anstelle zweier Häuser insgesamt 17 Wohnungen, die Strabag baut drei neue Blöcke mit insgesamt 37 Wohnungen und revitalisiert die verbleibenden elf Häuser.

Wohnbau geht in Linz meist nicht friktionsfrei über die Bühne. Jetzt formiert sich Widerstand gegen ein Projekt an der Autobahnabfahrt Dornach, in der Altenbergerstraße 6-8.
Wo jetzt eine Bank, ein Bäcker und eine Burgerfiliale angesiedelt sind, soll ein „8-stöckiger Wohnbau samt Tiefgarage mit Zufahrt neben Spielplatz und Balkonen des Nachbarhauses“ hinkommen, ist Andreas Reichl entsetzt.
Er ist der Sprecher der Initiative „Kein neues Hochhaus in Auhof“ und räumt zwar ein, dass Nachverdichtung, mit der hier argumentiert wird, zwar sinnvoll sei, aber nicht überall angewendet werden könne.
Mehr als 300 Unterschriften wurden binnen weniger Tage gesammelt. Argumentiert wird einerseits mit der problematischen Verkehrssituation durch die aktuelle Bebauung mit drei elfstöckigen Hochhäusern aus den 1970-er-Jahren, andererseits wird auf den Klimabericht verwiesen.
Laut diesem weise der Stadtteil eine „moderate Überwärmung“ durch „dichte Bebauung, hohen Versiegelungsgrad“ auf und habe „Belüftungsdefizite“.
Teure Sanierung
Diese Häusern, in denen in der ursprünglichen Ausgestaltung je vier Wohneinheiten auf zwei Ebenen auf insgesamt weniger als 200 Quadratmetern untergebracht wurden, werden aufwändig saniert, barrierefrei gemacht, mit historischen Kastenfenstern versehen und erhalten eine thermische Sanierung.
Der Kostenfaktor ist enorm: Sanierung bedeutet den doppelten Quadratmeterpreis im Vergleich zum Neubau. „Die Firmen, mit denen wir verhandeln, legen einen Angstzuschlag bei den Kosten drauf, weil sie nicht wissen, was sie erwartet“, erläutert Strabag-Wohnbauleiter Lukasz Kujawa.

Technisch anspruchsvoll ist die Sanierung, weil die Wände sehr dünn gebaut wurden – mit Schlacke in den Zwischenräumen, die verschwunden ist. So müssen die dünnen Ziegelwände teilweise abgetragen und gleichzeitig gesichert werden.
Gesichert ist auch, dass das Herzstück der alten Arbeitersiedlung mit dem grünen Anger in der Mitte, der trotz geringer Wohnfläche durch den großzügigen Freiraum qualitätsvolles Wohnen ermöglicht hat, erhalten bleibt. Das war auch der Ausgangspunkt für die Planungen des Wiener Büros Superblock.
Historische Siedlung im Zentrum des Projektes
Architektin Verena Mörkl: „Der denkmalgeschützte Bestand gibt den Rhythmus für die angrenzende Neubebauung vor.“ Er gehe in die Freiräume über und definiere ein gemeinsames Zentrum, das weiterhin allen offen stehe: "Die Freiflächenkonzeption ist im gesamten Siedlungsgebiet durchgängig verwirklicht.“
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Ab Montag kommen die Bagger – Fertigstellung der ersten Wohnungen ist Ende 2025 geplant, die sanierten Häusern sind frühestens 2027 bezugsfertig.
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