Der schnelle Gast ist nicht die Zielgruppe für den Mittags-Lunch (29 Euro, 4 Euro fürs Gedeck) im Göttfried in der Linzer Hofgasse. Das wäre auch zu schade. Gut essen braucht Zeit. Und im oberösterreichischen Gasthaus des Jahres 2023 (Ergebnis einer Fachjury- und Publikumswertung von 250 Gasthäusern in Österreich von freizeit.aufgetischt) werden sogar die Nebengerichte zu Hauptdarstellern. Aber dazu später.
Seit 1638 wird in diesem Haus für Gäste gekocht und aufgetischt. „Das längste durchgehend geöffnete Wirtshaus in Linz“, nimmt Christian Göttfried stolz auch für sich in Anspruch. Er war nicht von Anfang an dabei, erst 2015 ist er mit seiner Frau Simone – eine Niederbayerin, die er auf Sylt kennen gelernt hat („Sie war die einzige dort, die mich verstanden hat.“) – in der Linzer Altstadt sesshaft geworden. Aber werden der Steirer-Koch und seine Frau aus Bayern dieser Tradition gerecht?
Das Handwerk gelernt hat Christian Göttfried in der Seevilla in Altaussee und in den besten Häusern in Österreich und Deutschland - Mörwald, Sodoma, Haas, Winkler, um ein paar Stationen zu nennen.
Wir starten mit dem Gedeck, feiner Speck. Der Kren wird am Tisch darüber gerieben.
Das Prozedere erinnert ein bisschen an Trüffel. Nur bodenständig. Darum geht es den Wirtsleuten hier. Produkte aus Österreich, Bio, wo geht, sonst regional. „Aber Gänseleber gibt es auch, weil wir sie mögen“, verhehlt Simone Göttfried nicht.
Dieses „mögen“ war auch die Idee, als die beiden das Wirtshaus, den „Goldenen Anker“, übernommen haben. „Wir wollten genau so ein Wirtshaus machen, in das wir selber gerne gehen“, sagt der Wirt, und damit war der eigene Name, Göttfried, Programm.
Die Vorspeise
krenschaumsuppeblunznradl (Lunch, sonst 8 Euro), fenchel.safrancremsuppe.knuspergarnele (12 Euro) und blunzn maki cole slaw (16 Euro) stehen auf dem Tisch. Die Nebengerichte zeigen auf: das Blunznradl zergeht auf der Zunge, die Knuspergarnele, die ich bei meinem Chef (heute mein Begleiter) kosten kann, schmeckt so intensiv und doch so fein, dass ich sogar die letzte Rolle vom Blunzn Maki stehen lasse.
Die Blunzn passt irgendwie besonders gut ins Göttfried. Waren hier doch einst das „Blutgasserl“, und das Gasthaus „Zur blutigen Hand“ angesiedelt. „Die Metzger sind hier mit den blutigen Händen nach getaner Arbeit in der Gaststube gesessen“, erklärt der Wirt. Willkommen ist auch heute jeder: „Nobel oder leger, es spricht doch nichts dagegen, auch in der kurzen Hose ein gutes Glas Wein trinken zu wollen“, schmunzelt Christian Göttfried.
Die Hauptspeise
backhendlhaxn.erdäpfelvogerlsalat (Lunch, sonst 19 Euro) und rosa zwiebelrostbraten bio dry aged. braterdäpfel. essiggurke (29 Euro) kommen als Hauptspeise auf den Tisch, den übrigens ein Tischtuch von Leitner Leinen deckt – dort und auch bei der Einrichtung (die dunkle, 100 Jahre alte Holzvertäfelung wurde in Handarbeit renoviert, die Bar ist aus einem einzigen Eichenstamm vom Jungreithmayr in Kirchberg Thening gemacht) setzen die Göttfrieds auf made in Oberösterreich.
Aber lassen wir die Hauptspeise nicht kalt werden. Mein Hendl: so saftig und knusprig, dass es keine Wünsche offenlässt. Der Zwiebelrostbraten ist wunderbar zart und rosa, wie versprochen, und im Gegensatz zu meinem Chef (Raucher!) brauche ich definitiv kein Salz dazu. Und wieder überraschend: die Beilage. Braterdäpfel, auf warmen (aber nicht angebratenen) Zwiebeln. Noch nie in der Form gesehen. Eine Offenbarung. Einfach. Gut.
Und zu meiner Freude hat die Weinempfehlung meinen Geschmack getroffen – aus 350 verschiedenen Weinen. Später, an der Bar, finden der Wirt und ich heraus: Wir teilen die Leidenschaft für Weine aus Göttlesbrunn in Niederösterreich.
Die Nachspeise
Nachhaltigkeit wird im Hause Göttfried großgeschrieben.
Im Weinkeller sind die Spuren einer alten Granitbrücke zumindest aus dem 17. Jahrhundert erhalten geblieben, mit der Abwärme, die bei der Klimatisierung des Kellers entsteht, werden die Zimmer geheizt – in denen übrigens bewusst aus Energie- und Klimagründen auf eine Klimaanlage verzichtet wurde. Dafür ist das Haus mit Hanf isoliert.
schokoladenmousse.gewürzorange (Lunch, sonst 9 Euro) – ein solider Abschluss, dazu Hausbrandt-Kaffee.
Fazit: Kein Wunder, dass Fachjury und kurier.freizeit-Leser das Göttfried mit 93 von 100 Punkten auf Platz 1 in Oberösterreich wählten.
Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag
11.30 – 14.00 und 17.30 – 00.00 Uhr
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