300 Flüchtlinge ab Sommer in Unterkunft beim Linzer Bahnhof
Im November war es schon kolportiert worden, jetzt ist es laut SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger fix: Ins ehemalige Ibis-Hotel am Linzer Hauptbahnhof soll eine Flüchtlingsunterkunft kommen.
Der Stadtchef informierte im Rahmen der Gemeinderatssitzung am Donnerstag darüber, dass die Bundesregierung die Unterbringung von bis zu 300 Flüchtlingen im ehemaligen Hotel Ibis beim Hauptbahnhof plane.
Start im Sommer
Die Besiedelung sollte im Sommer starten und vorläufig bis Jahresende auch erfolgen. Luger sei dies von der Geschäftsführung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) in einem Informationsgespräch avisiert worden.
Das Linzer Stadtoberhaupt lehnt die beabsichtigte Nutzung des ehemaligen Hotels als Flüchtlingsquartier aber strikt ab. Die direkte Nähe zum Hauptbahnhof sowie zum sozial ohnedies bereits belasteten Volksgarten lassen den Standort als völlig ungeeignet erscheinen, so Luger.
Appell an Bund
Da der Stadt kein Mitspracherecht zustehe, appelliert der Bürgermeister an die Bundesregierung. Das Linzer Stadtoberhaupt fordert deshalb den Bund auf, der BBU die Anmietung des ehemaligen Ibis-Hotels zu untersagen. Klaus Luger: „Von uns gibt es ein klares Nein zum Flüchtlingsquartier beim Bahnhof. Ich appelliere an die Bundesregierung, diesen Plan fallen zu lassen.“
Die Stadt lehne bereits seit Jahren Massenquartiere in der Asylversorgung grundsätzlich ab. Die Versorgung von 300 jungen Männern wäre besonders für dieses Stadtgebiet eine Überforderung, so Luger. Nicht nur die direkt ansässige Bevölkerung würde diese Massenunterkunft ablehnen.
"Radikalisierung der Stimmung"
„Eine Öffnung des Ibis-Hotels als Asylquartier wäre ein fatales Symbol der Bundesregierung gegenüber allen Linzer Bürgerinnen und Bürgern. Es signalisiert Ignoranz gegenüber Ängsten und objektiven Problemlagen. Es würde zu einer Radikalisierung der Stimmung führen. Der Bund soll seine eigene Agentur anweisen, dieses Quartier nicht anzumieten,“ fordert Bürgermeister Luger.
Kaufangebot nicht angenommen
Bereits Ende letzten Jahres wurde bekannt, dass die Eigentümer des Ibis-Hotels, die Wiener Unternehmensgruppe Breiteneder, den Bundesbehörden dieses Haus als Flüchtlingsquartier angeboten haben. Mit einem Schreiben vom 2. Dezember 2022 bot Bürgermeister Klaus Luger der Geschäftsführung der Firma Breiteneder an, Verhandlungen über den Ankauf dieses Objektes durch die Stadt Linz zu starten.
Die Wiener Unternehmensgruppe habe auf dieses Angebot nicht reagiert. „Es ist entlarvend, wie Gewinnmaximierung und das Vermarkten einer Liegenschaft um jeden Preis den Umgang der Breiteneder-Gruppe mit einer sensiblen Frage beherrschen. Ich hätte mir im Sinne einer Zusammenarbeit jedenfalls Gespräche erwartet,“ so Luger in Richtung Immobilieneigentümer Breiteneder.
Linz zu Zusammenarbeit bereit
Bürgermeister Luger betont abschließend abermals, dass er weiterhin zur Verantwortung stehe, Asylwerber aufzunehmen. Seit vielen Jahren erfülle die Stadt Linz ihre Aufgaben bei der Betreuung Asylsuchender sowie aufenthaltsberechtigter Personen überproportional, so Luger.
Bereits jetzt seien 40 Prozent aller asylberechtigten Sozialhilfebezieher in Linz wohnhaft. Aktuell müssten jedoch jene Land-Bezirke Quartiere zur Verfügung stellen, die bislang nur geringe Beiträge bei der Flüchtlings-Unterbringung leisteten, sagt Luger.
BBU: "Nur Übergangslösung"
BBU-Geschäftsführer Andreas Achrainer bestätigt im Gespräch mit dem KURIER, dass es mit dem Eigentümer eine Vereinbarung über die Nutzung des Objektes gibt. Und er bestätigt auch, dass in dem ehemaligen Hotel bis zu 300 Flüchtlinge untergebracht werden können. "Vorübergehend", betont Achrainer: "Das Objekt steht uns nur bis Jahresende zur Verfügung."
Laut Achrainer werde diese Unterkunft benötigt, weil aktuell Verträge mit anderen Betreuungseinrichtungen auslaufen würden: "Es ist notwendig, dieses Quartier zu eröffnen, weil andere Einrichtungen wegfallen."
Seitens der BBU wird darüber hinaus betont, dass eine Belegung ab Juli nicht fix sei: "Das erfolgt nach dem Bedarf." Vom Bedarf hänge auch ab, wie hoch die Belegung bis Jahresende ausfallen werde. Zu den Sicherheitsbedenken betont Achrainer: "Je nach Belegungsstand ist zumindest eine Person der Bundesbetreuungsagentur 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche vor Ort."
Gespräche über ehemaliges ÖBB-Lehrlingsheim
Das ehemalige Ibis-Hotel ist übrigens nicht das einzige Quartier, das die BBU in Linz aktuell im Auge hat. Auch das ehemalige ÖBB-Lehrlingsheim nahe des Bahnhofes könnte bald als Flüchtlingsunterkunft dienen. Achrainer bestätigte, dass es diesbezüglich Verhandlungen gibt: "Dort könnten bis zu 100 Personen untergebracht werden."
Eigentümer "steht für Gespräche zur Verfügung"
In einem Statement des Liegenschaftseigentümers, der BIP-Immobilienverwaltung Gesellschaft m.b.H. betont das Unternehmen, Gesprächsbereit zu sein: „Das Linzer Architekturbüro Kneidinger hat bereits mit dem Gestaltungsbeirat der Stadt Linz die entsprechenden Abstimmungen hinsichtlich der Renovierung sowie Neugestaltung des Bestandsobjektes durchgeführt. Eine diesbezügliche Einreichung bei der Stadt Linz wird im ersten Halbjahr 2023 und die Umsetzung der Bauarbeiten unmittelbar nach Erteilung der Genehmigungen erfolgen. Somit wird nur ein kurzfristiger Bedarf der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen bis zum Beginn der Bauarbeiten abgedeckt. Das Unternehmen steht jederzeit für Gespräche mit der Stadt Linz zur Verfügung.“
Kritik von den Grünen und Neos
Helge Langer, Klubobmann der Grünen Linz: „Quartiere, in denen mehr als 100 Menschen beherbergt werden, sehen wir als Großquartiere sehr kritisch. Sie erschweren den Inklusionsprozess und schaffen oft mehr Probleme als sie lösen. Das hat die Vergangenheit deutlich gezeigt. Deshalb Ja zu kleinen Betreuungseinheiten, Nein zu Massenquartieren. Es müssen nun alle Informationen darüber, was konkret geplant ist, auf den Tisch.“
Gleiches gilt für die Linzer Neos. Georg Redlhammer erklärt: "Hunderte Asylsuchende in einem Gebäude im Linzer Bahnhofsviertel ist für uns untragbar. Das Ziel müssen kleinstrukturierte Unterkünfte sein. Wir haben im Landtag nach vielen Gerüchte - auch rund um das IBIS Hotel - vor einigen Wochen auch eine Anfrage zum Thema der Unterbringung in Oberösterreich eingebracht. Hoffentlich liefert diese bereits erste Details.“
FPÖ und ÖVP für Ankauf des Hotels
"300 Asylwerber im Bahnhofsviertel sind gegenüber der Linzer Bevölkerung absolut unverantwortlich und inakzeptabel", zeigt sich der Linzer FPÖ-Sicherheitsstadtrat Michael Raml entsetzt: "Ein derartiges Asylgroßquartier würde vor allem den bestehenden Brennpunkt Hauptbahnhof und Volksgarten ganz klar weiter verschärfen. Die Linzer erwarten sich zu Recht mehr Sicherheit statt neue Großquartiere mitten im Stadtzentrum.“
Er fordert Bürgermeister Luger auf, dem Eigentümer ein neues Verkaufsangebot zu unterbreiten. Und Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer von der ÖVP fordert er auf, "seinen Parteikollegen (ÖVP-Innenminister Gerhard Karner, Anm.) von diesem unverantwortlichen Vorhaben abzubringen, aus Linz ein zweites Traiskirchen zu machen. Statt den geforderten Polizisten schickt uns Karner Asylwerber.“
Das Hotel ankaufen will auch die Volkspartei. „Wir haben schon vor Monaten gefordert, dass die Stadt das ehemalige Hotel Ibis kaufen soll. Passiert ist leider nichts, sonst hätten wir jetzt nicht das Problem“, reagiert Vizebürgermeister Martin Hajart auf die Tatsache, dass das ehemalige Hotel vorübergehend als Unterbringung für Asylwerber dienen wird: "Bis zu 300 Asylwerber in dem ehemaligen Hotel sind inakzeptabel."
Karner reagiert nicht auf Forderungen aus Linz
Auf die Forderung der Stadt Linz an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ging dieser auf KURIER-Anfrage nicht ein. Aus dem Innenministerium hieß es: "Das entscheidende ist der robuste Schutz der Außengrenzen um das Geschäft der Schleppermafia und illegale Migration einzudämmen.
Technische Barrieren, aber auch rechtliche Rahmenbedingungen (Zurückweisungsrichtlinie) sind Teil eines umfassendes Außengrenzschutzes.
Dafür setzt sich Innenminister Gerhard Karner seit Beginn seiner Amtszeit ein."
SPÖ mit FPÖ gegen Quartier in der Lunzerstraße
Kritik an der SPÖ gab es später im Gemeinderat. Die FPÖ hatte eine Resolution eingebracht, die eine Nicht-Inbetriebnahme des Asylquartiers in der Lunzerstraße zum Ziel hatte. Dort war es während der Bauarbeiten für die Flüchtlingsunterkunft zu einem Anschlag gekommen.
Dass die SPÖ in dieser Frage gemeinsame Sache mit den Freiheitlichen macht und mit der Zustimmung der Resolution eine Mehrheit verschaffte, kritisieren die Linzer Grüne hart. Gemeinderat Tomislav Pilipović: "Von einer verantwortungsvollen und humanitären Politik im Umgang mit asylsuchenden Menschen hat sich die SPÖ in der heutigen Gemeinderatssitzung verabschiedet. Das perfide an der FPÖ-Resolution ist, dass darin suggeriert wird, geflüchtete Menschen würden im Zusammenhang mit Sicherheitsproblemen stehen." Die Grünen haben gegen diesen Vorschlag gestimmt.
„Während von der FPÖ nichts anderes zu erwarten ist, als Spaltung und Hetze voranzutreiben, stimmt es mehr als bedenklich, dass die Linzer SPÖ bereit ist, eine rot-blaue Anti-Asyl-Allianz einzugehen und damit einer Politik der Spaltung den Weg zu ebnen“, ist Pilipović entsetzt.
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