Linz: Wirbel um durch FPÖ-Intervention abgebrochenen Vortrag
In Oberösterreich gehen die Wogen nach dem Abbruch eines Vortrags des Extremismus-Experten Thomas Rammerstorfer in einer Linzer Schule hoch. Dem vorgezogenen Ende der Schulveranstaltungen waren Beschwerden freiheitlicher Politiker vorausgegangen. Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer sagte dazu am Freitag, er hätte den Vortrag nicht abgebrochen. Er will nun die Vorgänge klären lassen.
Rammerstorfer hatte am Mittwoch im Rahmen des Schulunterrichts vor 70 Schülern der 8. Klasse einen Vortrag zum Thema "Extremistische Herausforderungen in Österreich" gehalten. Wie die Oberösterreichischen Nachrichten am Freitag berichteten, habe der Sohn des FPÖ-Parlamentariers Roman Haider noch während der Veranstaltung seinen Vater alarmiert. Dieser habe den Schuldirektor angerufen und den Abbruch erwirkt.
Haider, der auch im Schulgemeinschaftsausschuss des Gymnasiums sitzt, bestätigte das auf APA-Anfrage. Er habe mit dem Direktor und auch mit dem Lehrer gesprochen, daraufhin sei der Vortrag bzw. die Diskussion beendet worden. Seine Kritik: Es sei unter dem Titel Extremismus immer nur um die "Gefahr von rechts" gegangen. FPÖ, Burschenschaften, Orban, Trump oder AfD hätten aber alle mit Extremismus nichts zu tun, so Haider. "So werden Schüler verhetzt." Rammerstorfer sei Finanzreferent der Welser Grünen und hänge sich das "Mäntelchen des unabhängigen Journalisten und Experten" um. Das habe in einer Schule nichts verloren. Gemeinsam mit dem freiheitlichen Bildungssprecher Wendelin Mölzer kündigte Haider am Freitag via Aussendung eine parlamentarische Anfrage an die zuständige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) "in Bezug auf einen linksextremen Vortrag" an.
Klärendes Gespäch soll folgen
Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer berichtete gegenüber der APA ebenfalls von Anrufen von FPÖ-Politikern, u.a. Landtags-Klubobmann Herwig Mahr, hielt aber fest: "Ich habe den Abbruch nicht veranlasst und ich habe mich auch Leuten, die den Abbruch wollten, gegenüber verwehrt." Als er in der Schule telefonisch nachgefragt habe, was los sei, sei der Vortrag bereis vorzeitig beendet gewesen. "Ich hätte nicht abgebrochen", sagte Enzenhofer, betonte aber, er stehe sowohl hinter dem Direktor als auch hinter dem Lehrer. Demnächst soll es ein klärendes Gespräch zwischen dem Landesschulinspektor, dem Direktor und dem Lehrer geben, kündigte Enzenhofer an.
Mahr argumentierte gegenüber der APA, dass man in Schulen Wert auf Ausgewogenheit legen müsse, etwa durch Politikerdiskussionen, bei denen alle Parteien vertreten seien. Dass er sich durch die Intervention den Vorwurf der Zensur bzw. ein Eigentor in der Wahrnehmung der Schüler eingehandelt haben könnte, glaubt er nicht: "Man muss den Schülern nur erklären, dass ein objektives Bild vermittelt werden muss." Er wolle jedenfalls nicht, dass Rammerstorfer weiter Vorträge an Schulen halte.
Bildungsreferent LHStv. Thomas Stelzer (ÖVP) betonte, dass Parteipolitik an Oberösterreichs Schulen grundsätzlich nichts verloren habe. "Bei politischen Veranstaltungen an Schulen ist daher eine sorgsame und politisch ausgewogene Auswahl der Referenten zentral", blieb Stelzer vorsichtig.
Rammerstorfer verteidigte gegenüber den OÖN seinen Besuch an der Schule. "Die FPÖ kommt im Vortrag nur sehr am Rande vor und wird geschichtlich korrekt dargestellt. Ich habe niemals die Freiheitlichen mit Terrorismus gleichgesetzt", sagt er im Zeitungsinterview.
Es sei ein Skandal, "dass ein Politiker von außen in die Bildungsinhalte einer Schule einzugreifen versucht und damit auch noch Erfolg hat", protestierte Susann Scheftner von der Aktion Kritischer Schüler_innen Linz gegen den Abbruch des Vortrages. Die Kommunistischen Jugend Oberösterreich sieht den "Beigeschmack von Zensur" und die Jungen Grünen werfen der FPÖ "antidemokratisches" Verhalten vor.
Abbruch für SPÖ "inakzeptabel"
Der Abbruch des Vortrags sei "völlig inakzeptabel", reagierte am Freitag die oberösterreichische SP-Landesgeschäftsführerin Bettina Stadlbauer. Sie halte es für demokratiepolitisch höchst bedenklich, "wenn ein FPÖ-Abgeordneter durch Intervention beim Schuldirektor beeinflussen kann, was in einem Vortrag präsentiert werden darf und was nicht".
Stadlbauer forderte eine neuerliche Einladung des Vortragenden, damit dieser sein Referat in vollem Umfang halten könne. "Wenn die FPÖ nicht mehr mit Extremismus und schlagenden Burschenschaften in Zusammenhang gebracht werden will, dann muss sie sich eben glaubwürdig von diesen distanzieren", so Stadlbauer.
Die oberösterreichischen Grünen haben "ein Nachspiel im Kollegium des Landesschulrats" angekündigt. "Man dürfte sich eigentlich erwarten, dass vor dieser Maßnahme, die auch einen schwerwiegenden Eingriff in die Unterrichtsautonomie darstellt, die Schulaufsicht die Sachlage prüft, und zwar anhand von Fakten", nicht auf Zuruf eines FPÖ-Politikers, so Klubobmann Bildungssprecher Gottfried Hirz via Aussendung.
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