Steyr: Eine Stadt im Auf und Ab der Geschichte

Drei Gesichter, drei Schicksale: Josef Werndl, Katharina von Lamberg und Franz Draber
Die diesjährge Landesausstellung OÖ arbeitet an drei Standorten die Krisen und Blütezeiten von Steyr auf.

Es ist eine Stadt voller Gegensätze. In der Vergangenheit bis heute immer wieder gezeichnet und geschüttelt von großen Krisen, die die Bevölkerung zuerst verzweifeln ließen, bevor es wieder mit gebündelten Kräften bergauf ging.

Das Know-How

„In Steyr gab es im Lauf der Geschichte extreme Auf und Abs“, bringt es Herta Neiß, die die Landesausstellung gemeinsam mit Michael John kuratiert hat, auf den Punkt. Beide Wissenschaftler der Uni Linz betonen: „Das Besondere an Steyr sind die Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihrem Know-How.“

Dieses Selbstbewusstsein der Arbeiterschaft sehe man auch aktuell bei der drohenden Schließung des MAN-Werkes. Ob es die Waffenproduktion von Josef Werndl war, die schlussendlich aufgrund des Vertrags von Versailles beendet wurde, das Aus der Steyr-Daimler-Puch AG 1987 oder derzeit eben MAN – „es gab hier immer so viel kreatives Potenzial, neue Wege zu gehen, wenn die alten Wege nicht mehr begehbar waren. Und vor allem gab und gibt es in Steyr immer Galionsfiguren und Visionäre“, sagt die Historikerin Herta Neiß.

Steyr: Eine Stadt im Auf und Ab der Geschichte

Kuratierten alle drei Ausstellungsorte: John (li.) und Neiß

Was waren die Symbole der Macht?

Schloss Lamberg. Es ist eine imposante Kulisse, im Schlossgraben flanieren die Steinböcke. „Und jetzt marschieren wir durch die Prunkräume“, kündigt der Ausstellungsleiter von allen drei Ausstellungsorten, Ludwig Vogl, an.

In den beeindruckenden  Sälen werden die Persönlichkeiten aus dem Hause Lamberg, ihre Besitztümer und Netzwerke vorgestellt. Da das Gebäude unter Denkmalschutz steht, wurden in die hohen Räume moderne Ausstellungskojen eingebaut, die begehbar sind und in denen weitere Infos zum Adelshaus vermittelt werden

Kunstvermittler vor Ort

Apropos Vermittlung: Da normale Führungen coronabedingt nicht möglich sind, gibt es eine Besonderheit: Überall sind Kulturvermittler positioniert, die bei Bedarf gerne Fragen beantworten oder Hintergründe erklären.

In der Schlossgalerie gibt es Einblicke in das luxuriöse Freizeitvergnügen der adeligen Kreise. Stammbäume, Wappen und verwandtschaftliche Verflechtungen zeigen die Bedeutung des Adelsgeschlechtes der Lambergs und den Niedergang des Hauses auf. Immer wieder gibt es Blitzlichter auf spannende Persönlichkeiten, etwa auf die „fliegende Gräfin“ Paula von Lamberg, die vor rund 100 Jahren stilvoll gekleidet Skisprung-Rekorde knackte.

Steyr: Eine Stadt im Auf und Ab der Geschichte

Stephan Rosinger leitet das Museum Arbeitswelt Steyr

Wie wertvoll ist Arbeit?

Museum Arbeitswelt. Die Architektur der ehemaligen Messer- und Waffenfabrik ist bestechend elegant. Beim Rundgang durch die Räumlichkeiten nimmt Museumsleiter Stephan Rosinger mit auf eine Zeitreise. Durch Bilder und Exponate gibt es Einblicke in den Arbeitsalltag, das Familienleben und die vielen Herausforderungen, mit denen die Fabriksarbeiterinnen und -arbeiter in der Industriestadt Steyr konfrontiert waren.

In den 1920-er und 1930-er-Jahren standen viele Familien in Steyr vor den Trümmern ihrer Existenz. Nach Bürgerkrieg, Wirtschaftskrisen,  Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg gelang aber erneut der Aufstieg zur Industriestadt.

Blick in die Zukunft

Dabei ist die Ausstellung im Museum Arbeitswelt nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern thematisiert  Entwicklungen in der Gegenwart und erlaubt fragend einen Blick in die Zukunft: Was kann Arbeit alles sein? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? An interaktiven Stationen können  Gedanken eingebracht werden.

Autofans werden an diesem Standort große Augen bekommen: Zu sehen gibt es unter anderem ein originales Cabriolet „made in Steyr“, das legendäre „Baby“ Modell 50/55 oder den Kleinwagen Puch 500.

Steyr: Eine Stadt im Auf und Ab der Geschichte

Alte Stadtansichten, innovativ aufbereitet

Woher kam der Reichtum?

Innerberger Stadl. Ein historisches Gebäude, das für die Landesausstellung komplett auf den Kopf gestellt wurde – den Leiter des Stadtmuseums Steyr, Gunter Bittermann, freut es, er wird auch nach der Landesschau von den Veränderungen profitieren.

Im Innerberger Stadl am Ende des Stadtplatzes dreht sich alles um jenen Reichtum, zu dem die Stadt durch den Eisenhandel und die Industrie gekommen ist. Dieser Rundgang durch geschichtsträchtige Gemäuer, die noch den Duft der Jahrhunderte abgeben, ist ein Ausflug in die Welt der Kaufleute, der Industriellen, Intellektuellen und Handwerker. Aufstiege und Krisen werden genauso thematisiert wie Mobilität, Handwerk und die Forderungen nach politischen Rechten.

Steyrer Kripperl

Für das innovative Ausstellungsdesign zeichnet das Linzer Designstudio „MarchGut“ verantwortlich. Immer wieder gibt es Stationen zum  Interagieren. Im Innerberger Stadel ist auch das frisch renovierten Steyrer Kripperl zu sehen. Neben dem Eingang befindet sich diese Besonderheit, die zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Wichtige Infos:

Öffnungszeiten
24. April bis 7. November 2021 täglich  9 bis 18 Uhr

Eintritt
Ein Erwachsener (+ alle Kinder bis 19 J.): 10 € (Ticket gilt für alle drei Ausstellungsorte, vorab online buchen)

Kontakt
www.landesausstellung.at, 0732/7720-52966

Kulturvermittlung
In den Ausstellungen treffen Besucher auf auskunftsfreudige Kulturvermittler

 

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