"Lärmmaschine": Jetzt Mediation

„Lauter als Fluglärm“: Architekt Wolfgang Lassy fühlt sich vom Glockenschlag des Linzer Doms in seiner Nachtruhe gestört
Glockenschlag: Um Schlaf gebrachter Kläger und Dompfarre wollen außergerichtliche Lösung.

Die „Lärmmaschine“, wie Wolfgang Lassy die Glocken des Linzer Mariendoms nennt, wird nach einer Gerichtsverhandlung am Freitag vorerst nicht abgestellt. Lassy, der 75 Meter Luftlinie von der Kirche entfernt ein Haus besitzt, hatte die Dompfarre geklagt, das Schlagen der Turmuhr in der Nacht in Zukunft zu unterlassen. Zwischen 22 und 6 Uhr müsse er nicht weniger als 222 Glockenschläge hinnehmen, allein zu Mitternacht seien es 28 – vier für die volle Stunde, zwölf für die Uhrzeit und weitere zwölf als Nachschlag. „Ich leide an Schlafmangel, Erschöpfungszuständen und Konzentrationsstörungen“, erklärte der Architekt der Richterin. In seiner Verzweiflung habe er nun sogar niemand geringeren als Papst Franziskus angerufen. „Dieses Sturmläuten in der Nacht muss aufhören.“

Unverständnis

Andere Innenstadtbewohner sehen das nicht so: „Wir haben uns genau erkundigt, bevor wir hierhergezogen sind. Die Glockenschläge stören mich überhaupt nicht. Ich finde sogar, dass es dem Stadtteil einen dörflichen Charakter verleiht“, meint ein Dom-Anrainer beim KURIER-Lokalaugenschein. „Ich höre die Glocken nicht mehr, ich habe mich schon so daran gewohnt“, sagt eine junge Frau. Friedrich Frimmel, der seit mehr als 50 Jahren in Kirchennähe wohnt, wird noch deutlicher: „Wenn er sich so gestört fühlt, dann muss er halt wieder wegziehen. Der Dom ist schon ein bisschen länger da als er. “Den nächtlichen Glockenschlag gibt es schon seit mehr als 100 Jahren, versicherte auch Wolfgang Graziani-Weiss, Anwalt der Dompfarre. „So gesundheitsgefährdend kann das nicht sein, denn dann würden sämtliche Anrainer unter Beschwerden leiden. Zu sagen ‚jetzt bin ich hergezogen, jetzt muss sich alles ändern‘, ist ein bisschen einfach.“ Im Übrigen gehe Lassy bereits gerichtlich gegen ein Jugendzentrum in seiner Nachbarschaft vor, weil er sich durch den Lärm und über den Zaun fliegende Bälle belästigt fühle. „Das können die Medienvertreter im Saal ruhig wissen.“

Als die Richterin einen Vergleich vorschlug, winkten beide Seiten ab: „Die Gesundheit meines Mandanten ist nicht vergleichbar“, betonte Wolfgang List, der Anwalt des Klägers. Ebenso kämpferisch der Rechtsbeistand der Dompfarre: Man könne sich nicht vorstellen, das Läuten zu reduzieren, das Gericht solle entscheiden: „Wir wollen es wissen.“

Vermittlung

Die Argumente von Mediator Christoph Reichenberger besänftigte dann aber doch beide Streitparteien: „Mit einem Urteil wird zwar Recht gesprochen, die Parteien bekommen aber nicht immer das, was sie wollen. Mindestens ein Unzufriedener bleibt zurück.“ Eine Mediation ziele hingegen auf einen Konsens ab, eine Win-Win-Situation. Wie ein solcher Konsens aussehen könnte, wollte am Freitag niemand verraten. „Das richten wir uns nicht über die Medien aus. Jetzt werden wir uns einmal zusammensetzen“, sagte Dompfarrer Maximilian Strasser, der im Pfarrhof neben der Kirche wohnt. Er persönlich schätze das Schlagen der Glocken: „Es gibt auch viele Menschen, die mir sagen, dass sie als bereichernd und wohltuend empfinden.“

Noch im Februar findet nun ein außergerichtliches Gespräch statt. Auch die Klage gegen das Jugendzentrum soll Thema sein. Dann wollen sich beide Seiten für eine von drei Varianten entscheiden: Einigung, Mediation oder Prozessfortsetzung. Für alle Fälle hat das Gericht bereits einen Termin am 13. April reserviert. Und vom Klägeranwalt wurde vorsorglich eine Studie der ETH Zürich vorgelegt, wonach der Glockenschlag für den menschlichen Schlaf noch schädlicher als Fluglärm sei.

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