Architektur der Kunstuni mit Petition für neue Digitaluni beim Bahnhof

In diesem Bereich könnte die Digitaluni entstehen
Hochkarätige Expertise für ehemalige Postcity beim Linzer Hauptbahnhof. IT:U-Rektorin ist skeptisch.

Groß war die Freude von (Ex-)Bildungsminister, Landeshauptmann, Ex-Bürgermeister und Gründungsrektorin, als vor fast genau einem Jahr, am 2. Mai, die neue Digitaluniversität IT:U nahe der Johannes-Kepler-Universität in Linz präsentiert wurde.  

Dieser Standort ist längst Geschichte, ebenso wie der damalige Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) und der damalige Bürgermeister von Linz, Klaus Luger (SPÖ). Sein Nachfolger Dietmar Prammer (SPÖ) hat im Zuge des Bürgermeisterwahlkampfes die Umwidmung für dieses Areal, den so umkämpften Grüngürtel von Linz, abgeblasen. 

Seiter gibt es in der Standortfrage keine Entscheidung. Aber viele Vorschläge und Diskussionen. Und jetzt bringt sich die Abteilung Architektur der Linzer Kunstuniversität erneut in diese Debatte ein.

Appell und Petition für Postcity

"Wir appellieren an die Verantwortlichen, eine Prüfung des Post-Areals als Alternativstandort sowie der Möglichkeiten zur Transformation des Bestands vorzunehmen und das Leitmotiv der IT:U – ,Transform Futures' – in die Tat umzusetzen", heißt es in dem offenen Brief an die Entscheidungsträger. 

Gründungspräsidentin der IT:U Stefanie Lindstaedt

Bundesminister *innen Eva- Maria Holzleitner und Christoph Wiederkehr 

OÖ-Landeshauptmann Thomas Stelzer und Linzer Bürgermeister Dietmar Prammer

Vorstandsvorsitzenden der ÖBB-Holding AG Andreas Matthä und Finanzvorständin der ÖBB-Holding AG Manuela Waldner

Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft Christine Dornaus und Gerald Beck

Vorstand der Österreichischen Post AG Walter Oblin, Peter Umundum und Barbara Potisk-Eibensteiner

Nun fordern die Unterzeichner des offenen Briefes als "Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur und Stadtentwicklung, aber auch als Interessierte an Ökologie und Nachhaltigkeit, eine nachhaltige und ressourcenschonende Lösung: Statt das Postverteilerzentrum abzureißen und weiteres Grünland zu versiegeln, sollte es als Standort für die IT:U umgebaut werden."

Die Architekten, darunter Sigi Atteneder, Leiter der Abteilung Architektur, Franz Koppelstätter, Leiter des Architekturforums Oberösterreich, Architektin Gabu Heindl von der Uni Kassel, sowie weitere Lehrende von den Universitäten Innsbruck, Graz oder Siegen (Deutschland), liefern auch Argumente für eine Entscheidung für den Standort beim Bahnhof, an dem drei Studierende der Kunstuni schon einmal eine neue Kunstuni geplant haben - die "postUNI". 

Etwa die Belastung der Anrainerinnen und Anrainer durch einen Abriss der Postcity, wie für das ursprüngliche geplante Projekt vorgesehen. Denn das Raumprogramm der IT:U finde in dem Bestandsbau ausreichend Platz, haben die Architekten errechnet, zusätzlich ließe sich der massiv errichtete Bau aufstocken und das Gelände mit diversen Nutzungen nachverdichten.

9.600 Lkw-Fahrten Ersparnis

"Eine digitale Rekonstruktion des Gebäudes ergab die Baumasse von etwa 6.200 Tonnen Ziegel und 110.000 Tonnen Stahlbeton – und das ausschließlich für dessen Primärstruktur", hat die Kunstuni errechnet: "Allein der Primärenergieaufwand für Tragstruktur und Fundament beläuft sich auf etwa 33 Millionen kWh. Für den Abtransport der Ziegel- und Stahlbetonmassen wären bei einer maximalen Zuladung von 12 Tonnen über 9.600 Lkw-Fahrten erforderlich."

Unter diesem Gesichtspunkt würde die Reaktivierung der Postcity wiederum gut in die von SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer - ebenfalls im Wahlkampf - präsentierte Plattform "re_use Linz" passen würde, wenn diese ernst genommen wird. "Unsere Gebäude müssen künftig kreislauffähig geplant, gebaut, betrieben und rückbaubar sein", betonte Prammer im Zuge dieser Präsentation.

Darauf bauen auch die Expertinnen und Experten der Kunstuni: "Der Erhalt, die Sanierung, der Umbau und das Weiterbauen im Bestand ermöglichen es, graue Energie zu erhalten, das Abfallaufkommen drastisch zu reduzieren und somit rechtlich verbindliche Emissions- und Klimaziele Österreichs zu erreichen." 

Bauen im Bestand als Zukunftsmodell

Bauen im Bestand werde zudem angesichts steigender Baukosten, Rohstoffknappheit und verschärfter Klimaschutzauflagen wirtschaftlich immer relevanter, sind Atteneder und Co. überzeugt. Aber auch als Vorzeige-Modell für Stadtentwicklung und Mobilitätswende könne dieses Projekt dienen: "Eine Universität am Post-Areal würde nicht nur die Innenstadt kulturell, sozial und wirtschaftlich beleben, sondern auch als Motor für die Stadterneuerung und Impulsgeber für eine Bau- und Mobilitätswende dienen."

Die Standortwahl für die ambitionierten Ziele der IT:U biete die Chance, in Oberösterreich und der 'Klimahauptstadt Linz' progressive Maßstäbe für einen wegweisenden Hochschulbau mit überregionaler Strahlkraft zu setzen, heißt es abschließend in dem offenen Brief.  

Die Petition der Kunstuniversität Linz kann übrigens hier unterschrieben werden. Bis wann eine Entscheidung über einen Standort getroffen wird, kann SPÖ-Bürgermeister Prammer aktuell nicht sagen: „Die Standorte werden nach wie vor von der BIG geprüft." Das bestätigt auch eine Sprecherin von Bildungsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), selbst eine Oberösterreicherin: "Wir sind im engen Austausch mit der Stadt, dem Land und der BIG, alle Optionen werden geprüft."

IT:U-Rektorin ist skeptisch

Stefanie Lindstaedt ist keine Freundin der Postcity als Standort: "Was die Postcity angeht, bin ich skeptisch, ob die mit den Stakeholdern kommunizierten Mindestkriterien an einen zukunftsträchtigen Universitätsstandort dort erfüllt werden können. Nicht zu unterschätzen ist auch die budgetäre Umsetzbarkeit an diesem Standort."

Sie verweist darauf, dass das Team der IT:U bewiesen habe, dass der erfolgreiche Aufbau einer Universität nicht an die Standortfrage geknüpft sei: "Nichtsdestotrotz wollen auch wir dieses Thema zeitnah geklärt wissen. Wir haben als IT:U klare Kriterien für den Standort der Universität festgelegt und den Stakeholdern kommuniziert. Maßgeblich sind, die Anforderungen einer Technischen Universität (Labore, empfindliche Messtechnik etc.), sowie eine attraktive studentische Umgebung." Synergieeffekte mit anderen Linzer Universitäten und Hochschulen – auch räumlicher Hinsicht – seien dabei natürlich ein Faktor.

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