Kontrollausschuss-Chef: "Brucknerhaus ist ein Habitat der Ignoranz"

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Georg Redlhammer, Neos-Chef und Vorsitzender des Kontrollausschusses fordert einen völligen Neustart des Systems Brucknerhaus.

In der kommenden Woche werden die Weichen für die Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA) gestellt, zu der auch das Brucknerhaus gehört. Denn am 7. und 8. April finden die Hearings für die beiden ausgeschriebenen Posten des künstlerischen und kaufmännischen Direktors statt.

Schon am 11. April sollen die beiden Geschäftsführer der Öffentlichkeit präsentiert werden. Grund genug für den Vorsitzenden des Linzer Kontrollausschusses, Neos-Gemeinderat Georg Redlhammer, einen klaren Weg in die Zukunft des Brucknerhauses einzumahnen.

Kontrollausschuss-Chef: "Brucknerhaus ist ein Habitat der Ignoranz"

Georg Redlhammer mit den geammelten Kontrollamtsberichten

Er hat sich dazu alle Kontrollamtsberichte zum Brucknerhaus und zur LIVA seit 2016 durchgeschaut – vier an der Zahl. Und zusätzlich dazu gibt es jenen detaillierten Bericht, den der „Brucknerhaus-Columbo“, wie Redlhammer den zur Aufklärung der Affäre eingesetzte Juristen und ehemalige JKU-Rektor Meinhard Lukas nennt, als Aufsichtsratsvorsitzender erstellt hat. 

Brucknerhaus

Meinhard Lukas (r.) mit dem neuen SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer

"Mahnmal politischer Bequemlichkeit"

Redlhammers ernüchternder Befund nach der Lektüre der hunderten Seiten: „Das Brucknerhaus ist ein Mahnmal politischer Bequemlichkeit und war seit seiner Eröffnung immer Spielball künstlerischer Eitelkeiten.“ 

Mit dem Höhepunkt des Skandals, der vor einem Jahr publik wurde, der den ursprünglich im Zentrum der Affäre stehenden künstlerischen Direktor Dietmar Kerschbaum den Job kostete, ebenso seinem Geschäftsführer-Kollegen Rainer Stadler und dem danach eingesetzten Kurzzeit-Geschäftsführer Rene Esterbauer. 

Lugers Lügenfall

Und natürlich den Rücktritt des Linzer SPÖ-Bürgermeisters Klaus Luger zur Folge hatte, weil dessen Lügenkonstrukt im August des Vorjahres in sich zusammengestürzt ist. 

PERSÖNLICHE ERKLÄRUNG DES LINZER BÜRGERMEISTERS LUGER

Klaus Luger (SPÖ) musste als Bürgermeister gehen

Erst zuletzt hat er in seinem laufenden Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Untreue dazu gemeint, er sei sich subjektiv keiner Schuld bewusst und habe alles zum Wohle der LIVA gemacht. Aber das nur am Rande. 

Redlhammer erkennt in den Analysen des Kontrollamtes ein „Transparenz-Desaster und politische Unfähigkeit“. 

Mit einer kleinen Chance, die das Kontrollamt in einem Bericht 2017 erkannt habe, als „die neue kaufmännische Leitung zeitgemäßes betriebswirtschaftliches Handeln“ in das Unternehmen gebracht hat. Was durch das von Klaus Luger forcierte Engagement Kerschbaums obsolet war.

BRUCKNERHAUS-INTENDANT KERSCHBAUM BIS AUF WEITERES FREIGESTELLT

Dietmar Kerschbaum

Das Kontrollamt lobte 2017 noch die Professionalisierung und die Planungskultur, musste aber bald feststellen: „Durch den Wechsel der künstlerischen Leitung hat sich dieses Konzept erübrigt.“

Redlhammers Schlussfolgerung: „Unter Kerschbaum hat sich das Brucknerhaus von einem reformbereiten Kulturbetrieb zu einem hochsubventionierten Risikobetrieb ohne Kontrolle entwickelt. Es ist zu einem Habitat der Ignoranz gegenüber dem Geld anderer Leute geworden.“

Neubeginn möglich

Durch den Skandal gebe es jetzt aber ein „Mondfenster“ für einen Neubeginn. Deshalb fordert Redlhammer: „Allen Bewerberinnen und Bewerbern müssen alle Kontrollamtsberichte – mit einer Verschwiegenheitsvereinbarung – vorgelegt werden, damit sie wissen, wo das Unternehmen organisatorisch steht.“ 

Denn die Berichte zeichnen ein klares Bild der „fehlenden wirtschaftlichen Steuerung, mangelnden Kontrolle und der problematischen Vergaben samt einer künstlerischen Geschäftsführung, die ohne wirksame Aufsicht agierte“. 

Den Aufsichtsräten richtet Redlhammer aus: „Sie dürfen keine Frühstücksdirektoren sein.“ Denn sie hätten allesamt offenbar zu oft und zu lange den großen Dominator Klaus Luger unwidersprochen agieren lassen. Und damit auch den künstlerischen Geschäftsführer, der ohne ausreichende kaufmännische Kontrolle unterwegs gewesen sei. Und ohne politische Kontrolle. 

„Es war ein Versagen auf ganzer Linie, SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne redeten die Probleme nach den Kontrollamtsberichten klein“, stellt Redlhammer fest und bringt die Frage ins Spiel, dass im Falle festgestellten Schadens für die LIVA nicht nur gegen den Bürgermeister, sondern auch gegen die Aufsichtsräte Regressforderungen geprüft werden sollten. „Aufsicht bedeutet Haftung, und zwar persönlich.“

Neuregelung für Aufsichtsräte gefordert

Aus Redlhammers Sicht sei deshalb eine völlige Neustrukturierung der Aufsichtsräte nötig, nicht nur in der LIVA, in allen Betrieben der Stadt: „Die Aufsichtsräte sollen ein Sitzungsgeld erhalten, der Vorsitzende eine Jahresgage von 10.000 bis 15.000 Euro.“ 

Dadurch sei gewährleistet, dass qualifizierte Personen die Kontrolle vornehmen und diese Verantwortung auch ernsthaft übernehmen. Bürgermeister und Stadtsenatsmitglieder seien dann in den Aufsichtsräten nicht mehr gefragt, meint Redlhammer.

"Prammer soll nicht Luger 2.0 werden"

Redlhammer appelliert in diesem Sinne an den neuen SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer, „nicht als Luger 2.0 in die Geschichte einzugehen“, sondern echte Reformen anstatt bloßer kosmetischer Optimierungen anzugehen. „Er hat die Chance, dazu braucht er nur Mut und Konsequenz, um zu einem Ende der Ignoranz zu gelangen.“ 

Den Auftakt könnten die Bestellungen der beiden neuen Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer machen: „Dazu müssen sie wissen, wie das System bisher funktionierte, um es ändern zu können.“ Die Kontrollamtsbericht würden diese Einsicht ermöglichen, schließt Redlhammer. 

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