Justiz-Farce um Neonazi-Größe in Oberösterreich

Es war ein Montag im November des Jahres 2022, als W. zum letzten Mal den Gerichtssaal des Landesgerichts Ried im Innkreis von Innen sah. Einen Ort, den der heute 39-Jährige nur zu gut kennt. Sein Vorstrafenregister ist lang, auch wegen Wiederbetätigung.
Dann wurde der Prozess gegen einen der führenden Neonazis des Landes, der in sozialen Medien gern Namen einstiger Nazi-Größen verwendete, wegen der Auswertung von Handy-Chats vertagt. 13 Monate passierte nichts. Seit knapp vor Weihnachten liegt nun ein erstes Teilgutachten vor, das für die Fortsetzung des Prozesses notwendig ist. Dies bestätigt auch die Staatsanwaltschaft Ried.
Lesen Sie im Folgenden:
- Was im Teilgutachten steht
- Welche Rolle ein Mithäftling und ein Verdeckter Ermittler spielen
Kriminelle Neonazi-Organisation
W. galt einst als die führende Neonazi-Größe Oberösterreichs, wenn nicht sogar Österreichs. Eine Gesinnung, der ein Hakenkreuz unter der rechten Achsel, sowie eine "Meine Ehre heißt Treue"-Tätowierung am Rücken Ausdruck verleihen. Ebenso wie die Fakten, dass W. zunächst Rädelsführer des „Kampfverbands Oberdonau“ und später Chef des seit mehr als 10 Jahren verbotenen Objekt 21, eine der kriminellsten Neonazi-Organisationen Österreichs, war.
Zwischen verbotenen Rechtsrock-Konzerten ließ man sich für Anschläge auf Bordelle bezahlen, setzte Skorpione zur Geschäftsschädigung der Konkurrenz aus, handelte mit Drogen und Waffen.
Maschinenpistole aus Gefängnis verkauft
Doch deswegen sollte W. vor 14 Monaten nicht vor Gericht stehen. Vielmehr soll der Familienvater aus der Haft in Suben heraus mit der Hilfe seiner Schwester eine Maschinenpistole um 3.000 Euro verkauft haben. Ebenso soll er Nazi-Devotionalien angeboten haben.
➤ Mehr lesen: Rechtsextreme Szene: „Kein Aufhören, sondern ein Weitertun“
Darunter eine Hakenkreuzfahne, die bei einer Rede Adolf Hitlers 1934 in Kassel gehangen sei. Als „Heiligtum“ in einschlägigen Kreisen, bezeichnete sie die Staatsanwaltschaft bei dem Prozess vor 14 Monaten.
Das Problem bei den Geschäften aus dem Häfen heraus? W. soll in beiden Fällen einen Mithäftling gefragt haben, ob er Abnehmer für Waffe und Nazi-Devotionalien kenne. Dieser verpfiff W. bei der Staatsanwaltschaft.
Verdeckter Ermittler kaufte Waffe
Die Maschinenpistole wurde schließlich an einen verdeckten Ermittler verkauft, der 39-Jährige sowie seine Schwester angeklagt. Vorgeworfen wurde W. dabei auch, die Vergasung von Juden geleugnet und einschlägige Musik besessen zu haben. Der Zeuge gab zusätzlich an, dass W. sogar Mordpläne gegen einen Ermittler des Verfassungsschutzes hegen soll.
Doch nun kommt das Gutachten ins Spiel. Denn W. behauptete in dem Prozess, sein Mithäftling habe ihn aktiv nach Waffe und Devotionalien gefragt. Ja, ihn richtiggehend gedrängt. Der Häftling, auch als Zeuge im Prozess geladen, behauptete hingegen, alle seine Aussagen mittles Handy-Chatprotokollen belegen zu können.
➤ Mehr lesen: Neue Rechte horten 120 Schusswaffen ganz legal in Österreich
Deswegen wurde ein Sachverständiger bestellt, der die Chats des Häftlings, sowie von W. auswerten sollte. Über ein Jahr lang.
Mauthausen-Fotos
Kurz vor Weihnachten ist nun das erste Teilgutachten eingetroffen. "Ja, der erste Teil ist da", bestätigt auch der leitende Staatsanwalt Alois Ebner. Laut KURIER-Informationen sollen darin auch einschlägige Fotos, wie etwa aus Mauthausen, zu sehen sein. Offiziell bestätigt wird dies nicht.
➤ Mehr lesen: Wie die braune Mafia im Blickfeld der Polizei seit Jahren ungestört werkt
Wann der Prozess gegen die Nazigröße fortgesetzt wird, bleibt weiterhin völlig offen. Ebenso, wie lange es dauern wird, bis der zweite Teil des Gutachtens vorliegt. "Wir werten nun dieses Gutachten aus, dann sehen wir weiter", sagt Ebner.
Eine Anzahl von Tagen, Wochen oder Monaten wird nicht genannt.
W. sitzt weiterhin Haft. In der er sich laut seinem Mithäftling am 20. April, Hitlers Geburtstag, immer eines bestellt: Eiernockerl.
Kommentare