Israel an die Spitze heranführen

Ruttensteiner (re.) mit dem früheren österreichischen Teamchef Marcel Koller (li.)
Willi Ruttensteiner. Der ehemalige Sportdirektor des ÖFB baut auf die israelische Fußballjugend

„Es ist logisch, dass ich keine Spieler herbeizaubern kann. Es ist aber möglich, für Israel ein langfristiges Fußball-Konzept zu schaffen, mit dem eine erfolgreiche Spielergeneration ausgebildet wird. Ich denke schon, dass nach einigen Jahren messbare Fortschritte erkennbar sein werden.“

Der israelische Fußballverband hat soeben den Vertrag mit dem neuen Sportchef Willi Ruttensteiner bestätigt. Der 55-jährige Oberösterreicher hat die Arbeit bereits aufgenommen. Sein Arbeitsbereich erstreckt sich auf zwei verschiedene Orte. Die eine Arbeitstätte ist das Ramat-Gan-Stadion im Zentrum von Tel Aviv. Hier hat der israelische Verband seinen Sitz. Der zweite Arbeitsplatz ist das Trainingszentrum des israelischen Verbandes, wo sich Bürogebäude und Fußballplätze befinden. „Von hier koordiniere ich die Trainingsausbildung sowie die Nationalmannschaft.“

Aktuell auf Platz 93

In der aktuellen FIFA-Weltrangliste steht Israel auf Platz 93, also „weit entfernt von internationalem Spitzenfußball“. Rutten steiner verfolgt zwei Ansatzpunkte: „Wir möchten bei der Nationalmannschaft kurzfristig die Position verbessern. Langfristig soll ein israelischer Weg entstehen, der es ermöglicht, mit Trainern und Spielern die Spitze des europäischen Fußballs zu erreichen.“ Ruttensteiner hofft nun, für sein Projekt genügend Zeit zu bekommen. Würde der Erfolg lediglich an den Ergebnissen der Nationalmannschaft gemessen, könne ein Sportdirektor nur schwer bestehen. „Ich glaube schon, dass die Verbandsfunktionäre wissen, dass es in jedem Land einige Jahre gedauert hat, bis ein Konzept richtig greift.“ Ruttensteiner versucht Top-Know-How nach Israel zu bringen. „Mein Wissen soll ausgehend von der Nationalmannschaft zur Trainerausbildung und zum Breitensport ausstrahlen.“

Israels neuer Sportdirektor ist gerade dabei, einen Nationaltrainer zu suchen und Fußballexperten zu engagieren. „Es gilt hier Strukturen aufzubauen, die mich nach einigen Jahren nicht mehr notwendig machen. Ich lege die Basis, auf der man dann aufbauen kann.“

Keine Topspieler

Derzeit verfüge der Verband über keinen Spieler, der bei einem wirklichen internationalen Topclub spielt. „Es ist daher wichtig, umfassend anzusetzen. Wir brauchen gut ausgebildet Trainer, die dann die Talentförderung verbessern.“ Erst dann könnten Spieler geformt werden, die am internationalen Markt gefragt sind. Zurzeit sondiert Ruttensteiner den Trainermarkt. Die erste Adresse sind israelische Trainer. Nächste Woche führt der neue israelische Sportdirektor zusätzliche Gespräche mit Coaches in ganz Europa, darunter auch Österreicher. „Ich habe zu österreichischen Trainern immer ein sehr gutes Vertrauen gehabt und werde es auch in der Zukunft haben.“ Namen möchte Ruttensteiner noch keine verraten. Neben Israel und dem bulgarischen Traditionsclub Lewski Sofia hatte der 55-Jährige auch noch ein finanziell sehr attraktives Angebot aus Katar in der Tasche.

Absage an Katar

„Ich habe mich aber für einen Nationalverband entschieden, weil ich glaube, diese Arbeit am besten zu beherrschen. In Israel etwas Neues zu entwickeln hat mich sehr gereizt.“

Von 1999 bis 2017 hat Ruttensteiner beim ÖFB in verschiedenen Funktionen gearbeitet. Von 2002 an war er Sportdirektor. Es ist dem Steyrer innerhalb von zehn Jahren gelungen, eine erfolgreiche österreichische Talentförderung aufzubauen. Heute spielen rund 50 ÖFB-Fußballer in ausländischen Ligen.

Nach dem schlechten Abschneiden bei der Europameisterschaft 2016 in Paris und der verpassten WM-Qualifikation für Russland wurde der diplomierte Pädagoge entlassen. Über die Zeit beim ÖFB denke er dennoch positiv. „Ich bin dankbar, dass ich dort 18 Jahre arbeiten durfte.“

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