"Ich wollte keinen CSI-Tod zeigen"

"Ich wollte keinen CSI-Tod zeigen"
Karl Markovics feiert mit dem Regiedebüt "Atmen" große Erfolge. Wichtig sei ihm darin der handgreifliche Tod gewesen.

Mir ist das Klischee von den morbiden Wienern auf die Nerven gegangen", sagte Karl Markovics im Gespräch mit dem KURIER, als er im Starmovie Steyr seinen Film "Atmen" präsentierte. In dem vielfach ausgezeichneten Werk, bei dem er erstmals Regie geführt und das Drehbuch geschrieben hat, wollte er außerdem einen handgreiflichen Tod darstellen, keinen Tatort- oder CSI-Tod.

Warum? "Da liegen verbrannte Überreste von Extremitäten oder von Krokodilen halbverdaute menschliche Überreste auf einem Seziertisch in toll ausgeleuchteten Räumen mit super aussehenden Menschen." Vielmehr sei es ihm um realistische Umgebung in einem Milieu gegangen, das tagtäglich mit dem Tod zu tun hat. "Und das in einer Geschichte, die nur über das Leben handelt."

Der Film "Atmen", für den sich in Österreich schon mehr als 60.000 Kinobesucher begeistern konnten und Österreichs Kandidat für den Auslandsoscar ist, ist die Geschichte eines 19-jährigen Straftäters, der bei seinem Freigang in einem Bestattungsunternehmen zu arbeiten anfängt und dabei mit seiner Vergangenheit, aber auch seiner Zukunft konfrontiert wird.

Für die Recherchen ist Markovics unter anderem bei der Wiener Bestattung mitgefahren. Anfänglich habe er doch Berührungsängste gehabt. "Das ist für jeden normalen Menschen nicht besonders angenehm. Jeder sagt sich, wenn sich das vermeiden lässt, muss ich das nicht machen." Allerdings sei es nicht anders gegangen, weil er die Wirklichkeit überprüfen musste.

Scheu

Der Tod an sich werde in der zivilisierten und technologisierten Gesellschaft immer anonymer. "80 Prozent der Menschen sterben in Spitälern und selten sind Angehörige im Augenblick des Sterbens dabei. Auch alte Bräuche wie das Aufbahren zu Hause sterben aus, was kurios ist in dem Zusammenhang." Allerdings könne der Künstler nicht einmal sagen, ob er das nun gut oder schlecht finde. "Was dazu kommt, ist eine instinktive Scheu der Menschen vor dem Tod und die finde ich ganz vernünftig."

Seinen Film möchte Markovics aber nicht als Anklage verstanden wissen oder als Aufruf, dem Tod ins Gesicht zu sehen. Zumal sein Regiedebüt ohnehin weniger um den Tod gehe, sondern viel mehr um das Leben, das im Vordergrund stehe. Eine Regieausbildung hat Markovics nie gemacht. "Ich bin nicht einmal auf die Schauspielschule gegangen." Man könne aber auch durch praktische Anschauung, Menschenverstand und Ausprobieren vieles lernen.

Filmset

Das hat er auch so gemacht und sich bei Dreharbeiten angesehen, wie Regisseure, Kameratechniker oder Beleuchter arbeiten. "Beim Film sitzt man als Schauspieler stundenlang herum, dreht ein paar Minuten und sitzt wieder stundenlang herum." Er habe sich die Zeit nicht nur mit gegenseitigem Erzählen von Schauspieler-Anektdoten vertrieben, sondern viel zugesehen, was auf einem Set so passiert.

Sein Interesse gilt aber nicht nur dem Film. Auch gesellschaftspolitisches Engagement ist ihm wichtig. Der Künstler unterstützt immer wieder Initiativen, sei es für Integration von Migranten oder für ein anderes Bildungssystem. "Wenn ich das mache, dann als normaler Mensch und nicht als Schauspieler, der seinem Instinkt folgt. Was ihn derzeit an der österreichischen Politik störe? "Es gibt die Angst vor großen Entscheidungen. Der Kleingeist greift dermaßen um sich, dass wir uns mit dem untersten Mittelmaß an Positionen herumschlagen müssen, wo wir die besten Köpfe bräuchten."

Erfolg ohne Reinhardt-Seminar

Der Wiener Karl Markovics wollte eigentlich am renommierten Reinhardt-Seminar studieren, doch er scheiterte. Der 48-Jährige legte trotzdem eine rasante Karriere hin. Zuerst spielte er am Serapionstheater und dem Wiener Ensemble.
Ab 1994 war er zwei Jahre lang der schräge Bezirksinspektor Stockinger in Kommissar Rex. Danach folgte die Spin-Off-Serie Stockinger. Internationalen Erfolg feierte Markovics mit der Rolle des Salomon Sorowitsch (2007) in Stefan Ruzowitzkys Film "Die Fälscher", der mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

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