„Ich habe so viel Glück gehabt“

Johann Rachbauer
Der ehemalige Postbuschauffeur Johann Rachbauer aus Waldzell blickt auf ein volles Jahrhundert zurück. Von Gerhard Marschall.

Johann Rachbauer aus Waldzell (Bez. Ried) hat viel Lebensweisheit angehäuft. Dieser Tage hat er den 100er vollendet. Ein guter Anlass für Erinnerungen. Etwa jene an die karge Kindheit, den langen Schulweg, die schwierige Suche nach einem Lehrplatz in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit. Dann die Kriegsjahre. Noch keine 18, wurde er 1940 eingezogen, machte den gesamten Russlandfeldzug mit, bis knapp vor Stalingrad, entrann dem Tod oft nur durch Zufall. 1946, zu Heiligabend, kam er heim. „Ich bin’s, der Hans“, sagte er zur Schwiegermutter, die ihn nicht erkannte. Er war auf 45 Kilo abgemagert, gezeichnet von Krieg, Gefangenschaft, Krankheit. 1947 heuerte Rachbauer bei der Post als Buschauffeur an, bis zur Pensionierung 1984 war er auf der Linie Ried-Lohnsburg-Waldzell unterwegs: zuverlässig, korrekt, unfallfrei.

Nebenher engagierte er sich beim Kriegsopferverband und bei der Feuerwehr. Zwei Perioden lang gehörte der SPÖ-Mandatar dem Gemeinderat an, wurde mit dem Ehrenring von Waldzell ausgezeichnet. 54 Jahre, bis zu ihrem Tod 1998, war er mit Cäcilia verheiratet. Auf die Familie – drei Kinder, acht Enkel, acht Urenkel, ein Ururenkel – ist er stolz und sie auf ihn. Er lese viel, erzählt Rachbauer, trinke jeden Tag ein Glas Rotwein, nicht mehr. Am Abend schaue er die Nachrichten, neben ihm zufrieden schnurrend Kater „Tschari“. Die Politik könne er nicht mehr recht verstehen, „ein Durcheinander“. Früher seien Minister Ehrenmänner gewesen, Bruno Kreisky fällt ihm voran ein. Ihn hat er einmal bei einem Wahlkampfauftritt in Ried erlebt.

„Ich habe so viel Glück gehabt im Leben.“ Immer wieder kommt dieser Satz, wenn Rachbauer auf 100 Lebensjahre zurückblickt. Er rechnet nicht heute gegen früher auf, aber: Der Respekt vor anderen, vor Obrigkeiten, sei abhandengekommen. Und die Gemütlichkeit.

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