„Ich bin kein Verbrecher“

„Ich bin kein Verbrecher“
Serhat G. will weiter Auto fahren. Obwohl er schon 20-mal ohne Führerschein am Steuer eines Wagens erwischt wurde.

Serhat G. ist am Montag zum 20. Mal ohne  Führerschein am Steuer eines Wagens erwischt worden. Als Konsequenz erwarten den 24-jährigen Fliesenleger 2180 Euro Geldstrafe bzw. bis zu sechs Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Im KURIER-Gespräch kündigt der in St. Georgen im Attergau lebende Türke dennoch an, weiterfahren zu wollen.

KURIER: Herr G., sind Sie unbelehrbar?
Serhad G.: Nein, ich mache das alles nur aus einer Not heraus. Ich habe zwei Kinder und eine Frau, die ich ernähren muss. Leider habe ich keine andere Möglichkeit, um zur Arbeit zu kommen.

Warum machen Sie nicht, wie jeder andere auch, einfach den Führerschein?
Ich hab` vor Jahren, damals war ich 17, in Wels einen Fahrschulkurs besucht. Eine Woche vor der Prüfung hat es aber geheißen, dass ich nicht antreten darf. Anscheinend, weil ich als 13-Jähriger auf einem Privatgrundstück mit einem Moped gefahren bin und dann eine Leitplanke gerammt habe.

Ist diese Sperre später nie mehr aufgehoben worden?
Nein, ich habe ungefähr 30-mal auf der Bezirkshauptmannschaft nachgefragt und immer hat es geheißen, dass ich den Führerschein nicht machen darf.

Sie sind jetzt zum 20. Mal beim Schwarzfahren erwischt worden, ein trauriger Rekord...
Das hab` ich einem Polizisten aus dem Ort zu verdanken, der mich  zur persönlichen Zielscheibe auserkoren hat. Er versteckt sich oft  ab 6 Uhr Früh hinter unserem Haus und wartet  darauf, dass ich wegfahre. Sobald er mich erwischt, muss ich zahlen oder ins Gefängnis gehen. Ich versteh` ihn nicht, ich bin doch kein Verbrecher, der mit Drogen handelt oder Geschäfte ausraubt.

Wie viel Geld hat Sie das schon gekostet?
Bisher etwa 50.000 Euro – auch Ersatzfreiheitsstrafen habe ich abgesessen.

Wie können Sie sich das leisten?
Indem ich fast rund um die Uhr arbeite. Arbeiten, duschen, schlafen, essen – das ist mein Leben.

Könnte Sie nicht Ihre Frau oder Ihre Mutter zur Arbeitsstelle fahren?
Die haben beide einen Führerschein, doch das hilft  nur wenig, weil ich beruflich oft nach Linz muss. Und wer sollte dann die Kinder  zur Schule bringen?

Sind Sie viel mit dem Auto unterwegs?
Ich bin  vermutlich schon mehr als eine Million Kilometer ohne Führerschein gefahren. Durch die viele Praxis kann ich wahrscheinlich  besser fahren als die meisten Polizisten.

Sind Polizisten generell Feindbilder für Sie?
Nein, nur der eine, der es auf mich abgesehen hat. Aber ewig kann das nicht  so weiter gehen. Hört er nicht auf, mich zu verfolgen, muss ich  sogar das Land verlassen, obwohl ich hier gerne lebe.

Heißt das, Sie überlegen ernsthaft, in die Türkei zurückzukehren?
Ja,  ich hab` nichts mehr zu verlieren. Ich denk mir, in der Türkei leben 80 Mio. Menschen, dort verhungert keiner, der wie ich einen Beruf gelernt hat und fleißig ist.

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