Horváths "Jugend ohne Gott" nach 80 Jahren noch immer topaktuell

Rudi Müllehner als Lehrer und Ich-Erzähler mit seinen Regime-hörigen Schülern
In der Tribüne Linz am Südbahnhof wird ab sofort Ödön von Horváths "Jugend ohne Gott" gespielt – intensiv und mit Erinnerung an alte Schulzeiten.

Ein mit sich selbst und den Umständen unzufriedener Lehrer. Ein faschistisches System, das Schüler zu Marionetten erzieht. Ein Streit unter zwei Pubertierenden, bei dem einer schließlich tot aufgefunden wird. Ein Gerichtsprozess, der mit der Verurteilung der falschen Person endet. Und zum Schluss die Überführung des wahren Mörders.

Alles schon mal gehört? Kaum ein Schüler verlässt hierzulande die Schulbank ohne mit Ödön von Horvaths "Jugend ohne Gott" konfrontiert worden zu sein – Pflichtlektüre quasi. Das Team der Tribüne Linz rund um Cornelia Metschitzer, Bernhard Mayer und Rudi Müllehner hat den bedeutenden Roman für die Theaterbühne adaptiert, Mittwochabend wurde vor vollem Haus debütiert.

30 Rollen

Schwermut, Lüge, Unterdrückung, Gewalt und der absolute Wille zur Unterordnung dominieren inhaltlich, das Ensemble vollbringt dabei vor allem logistische Meisterleistungen.

Fünf Schauspieler schlüpfen in 30 verschiedene Rollen: Da werden Tische verschoben, Gewänder im Eiltempo umgezogen, Requisiten weitergereicht, Charaktere blitzschnell gewechselt. Rudi Müllehner übernimmt den Hauptpart des Lehrers, ist anfangs noch hörbar nervös und sprachlich beinahe zu flott unterwegs, findet aber im Laufe des Abends in diese Zerrissenheit zwischen eigener Meinung und Angepasstheit hinein. Angela Ahlheim als einzige Frau auf der Bühne glänzt in verschiedenen Rollen, vor allem aber in der des Räubermädchens Eva. Alexander Lughofer ist vielseitig bei der Sache, etwa als Schüler N., Verteidiger und Staatsanwalt. Der jungen Larius Phoulivong mimt glaubhaft den Schüler Z., setzt seine Mimik intensiv ein. Eugen Victor als ältestes Mitglied der Truppe wechselt gekonnt zwischen strengem Feldwebel und kritischem Pfarrer.

Auszüge aus dem Tribüne-Herbst-Programm: Am 28. 9. hat "Andorra" von Max Frisch Premiere, wieder Pflichtliteratur, wieder ein aufrüttelnder Inhalt. Und am 13. 10. kommt das Jugendstück "Asip und Jenny", eine Eigenproduktion über eine Freundschaft zwischen zwei konträren Jugendlichen, auf die Bühne.

Info: 22. und 23. 9., 3., 7., 11. und 19. Oktober, Tribüne Linz (Eisenhandstraße 43, 4020 Linz), 18 €, Infos/Karten: ☎ 0699/11399844, www.tribuene-linz.at

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