Wie der Klimawandel dem Hopfen jetzt auch im Mühlviertel zusetzt
Während ein kühles Bier in den heißen Sommertagen zumindest jenen, die Bier trinken, ein wenig Erfrischung bringt, leidet ein Grundstoff für das Bier umso mehr. Der Hopfen. Denn auch dieses Gewächs, das zur Familie der Hanfpflanzen gehört, bekommt bei Temperaturen über 30 Grad Probleme.
Das weiß Stefan Hofer, Obmann der Mühlviertler Hopfenbaugenossenschaft, nur zu gut. Dabei ist das Mühlviertel - wobei selbst Hofer in einem Nebensatz die Vergangenheitsform einfließen lässt - prädestiniert für den Anbau von Hopfen.
"In den kühlen Nächte an warmen Tage kann sich besonders viel Aroma im Hopfen einlagern", erläutert der Hopfenbauer, der selbst Bier nur trinkt und nicht selber braut. "Das überlassen wir denen, die das können", schmunzelt er.
173 Hektar Hopfenanbaufläche
Er und 37 weitere Mitglieder der Hopfenbaugenossenschaft können hingegen Hopfen anbauen. 173 Hektar insgesamt, 160 Hektar davon liegen im oberösterreichischen Mühlviertel, fünf Betriebe produzieren Hopfen im benachbarten Waldviertel in Niederösterreich. Rund 100 Hektar Anbaugebiet gibt es darüber hinaus noch in der Steiermark.
Der kalkarme Boden im Mühlviertel besteht überwiegend aus sandigem Lehm bis lehmigen Sand. Dort gedeiht der Hopfen vor allem in Südostlagen mit geringer Humusauflage und begrenzter Wasserspeicherung.
„Die klimatischen Bedingungen und die spezifische Bodenbeschaffenheit bieten optimale Voraussetzungen für den Hopfenanbau und tragen entscheidend zur Entfaltung des feinen Geschmacks und des einzigartigen Aromas bei“, sagt Stefan Hofer, Obmann der Mühlviertler Hopfenbaugenossenschaft.
300 Tonnen pro Jahr
300 Tonnen Hopfen werden pro Jahr produziert, 20 Prozent davon in biologischer Anbauqualität. 2024 war bislang ein recht gutes Hopfenjahr, weiß Hofer: "Bis Mitte Juli hatten wir ausreichend Niederschlag." Hagel im Juli streifte allerdings rund 40 Hektar, als fast ein Viertel der Anbaufläche.
"Das hat sich ertragsmindernd ausgewirkt", sagt Hofer, "aber die Hitze und die Trockenheit der letzten Wochen haben den Pflanzen sehr zugesetzt. Wir hoffen auf Niederschlag, und dass der Hopfen den Bedingungen standhält."
Aurora, Golding, Magnum, Perle, Saphir, Tettnanger oder Sorachi Ace. So heißen einige der insgesamt 14 im Mühlviertel angebauten Hopfensorten. Gerade die Sorte "Perle", die auf 27 Hektar angebaut und bei Bierbrauern sehr beliebt ist, ist anfällig auf den Klimawandel und reagiert auf Veränderungen stark negativ. Bewässerungsanlagen gibt es nur auf einem sehr geringen Teil der Anbauflächen, deren geplanter Ausbau ist mit großen behördlichen Auflagen verbunden, wird aber unumgänglich sein.
Klimaresistenter Hopfen im Test
Was aktuell auch getestet wird: Klimaresistentere Hopfenpflanzen. "Wir testen gerade eine Pflanze, die der beliebten Sorte Perle ähnlich ist", schildert Hofer eine zweite Schiene, um dem Klimawandel Rechnung zu tragen. "Diese Sorte soll mit Hitze- und Trockenstress besser umgehen können", erläutert der Obmann der oö. Hopfenbauern, "wir testen jetzt aus, welche Erträge wir damit erzielen können und ob die Bierbrauer diese Sorte auch kaufen."
Denn gerade für die Biervielfalt im Land sind vielfältige Hopfensorten eine Grundvoraussetzung. Der Hopfen aus Oberösterreich landet übrigens fast ausschließlich in österreichischen Bieren. "98 Prozent unserer Produktion wird in Österreich verarbeitet", ist Hofer stolz, "bei uns kaufen Großbrauereien ebenso ein wie viele kleine Kellerbrauereien."
Hopfen wächst sechs bis acht Meter hoch und wird ausschließlich zwischen dem 35. und 55. Breitengrad (nördlich wie südlich) kultiviert. Von den vielen Austrieben des Wurzelstocks werden nur drei bis vier kräftige Triebe an den Kletterhilfen angeleitet, die weiteren Triebe werden entfernt.
Durch die Klimmhaare kann sich die rankende Hopfenpflanze an der Kletterhilfe rechtswindend pro Tage bis zu 30 Zentimeter emporwachsen. Bevor die Gerüsthöhe erreicht wird, werden Seitenäste angelegt, an denen die Dolden gebildet werden.
Hopfen ist eine zweihäusige Pflanze, das bedeutet, das sich auf einer Pflanze entweder männliche Gescheine oder weibliche Blüten befinden. Im Anbau befinden sich nur weibliche Hopfenpflanzen, da nur diese Dolden ansetzen.
Die Dolde ist botanisch betrachtet ein Zapfen und besteht aus bis zu 60 Einzelblüten. Männliche Pollen könnten jede dieser Einzelblüten befruchten, wodurch sich Samen ausbildet. Deshalb werden männliche Pflanzen in den Anbaugebieten gerodet.
Hopfenanbau seit 700 Jahren
Der Hopfenanbau reicht in Oberösterreich übrigens bis in das 13. Jahrhundert zurück, ab Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte er einen großen Aufschwung, laut den Aufzeichnungen des Landes Oberösterreich wurde im Jahr 1878 auf 465 Hektar Fläche Hopfen angebaut, 1910 sogar auf 522 Hektar.
Die Einschränkung des Bierbrauens im Ersten Weltkrieg führte dazu, dass 1918 nur mehr 70 Hektar Hopfenfläche bewirtschaftet wurden. Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich wurden auch die letzten verbliebenen Hopfenanbaugebietet gerodet - schließlich gab es einen Rodungsprämie von 3.000 Reichsmark pro Hektar.
Erst 1948 wurde wieder Hopfen in Österreich kultiviert, 1951 dann die OÖ Hopfenbaugenossenschaft gegründet, deren Obmann Stefan Hofer heute ist.
Rund 15 bis 20 Gramm Hopfen werden benötigt, um einen Hektoliter Bier zu brauen, rechnet Hofer vor. "Das ist nur wenig, aber besonders wichtig für den Geschmack das Bieres", ist er sich um die Bedeutung des Rohstoffs, der aus dem Mühlviertel geliefert wird, bewusst.
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